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wunderbaren Bewegungen, indem die auf beiden Seiten emporragenden Schichtenreihen bis zur Ausebnung der Oberfläche weggespült worden sind.

Andererseits sind auch die Massen von sedimentären Schichten in allen Theilen der Welt von wunderbarer Mächtigkeit. In der Cordillera schätzte ich eine Conglomeratmasse auf zehntausend Fuß; und obgleich Conglomeratschichten wahrscheinlich schneller aufgehäuft worden sind, als feinere Sedimente, so trägt doch eine jede, da sie aus abgeschliffenen und runden Geröllsteinen gebildet wird, den Stempel langer Zeit; sie dienen dazu, zu zeigen, wie langsam die Massen angehäuft worden sein müssen. Professor Ramsay hat mir, meist nach wirklichen Messungen, die Maße der größten Mächtigkeit der aufeinander folgenden Formationen aus verschiedenen Theilen Großbritaniens in folgender Weise angegeben:

Paläozoische Schichten (ohne die vulkanischen Schichten)       57,154 Fuß
Secundärschichten 13,190 0"
Tertiäre Schichten 2,240 0"

in Summa 72,584 Fuß, d. i. beinahe 13¾ Englische Meilen. Einige dieser Formationen, welche in England nur durch dünne Lagen vertreten sind, haben auf dem Continente tausende von Fußen Mächtigkeit. Überdies fallen nach der Meinung der meisten Geologen zwischen je zwei aufeinanderfolgende Formationen immer unermeßliche leere Perioden, so daß somit selbst jene ungeheure Höhe von Sedimentschichten in England nur eine unvollkommene Vorstellung von der während ihrer Ablagerung verflossenen Zeit gewährt. Die Betrachtung dieser verschiedenen Thatsachen macht auf den Geist fast denselben Eindruck wie der eitle Versuch die Idee der Ewigkeit zu fassen.

Und doch ist dieser Eindruck theilweise falsch. Croll macht in einem interessanten Aufsatze die Bemerkung, daß wir nicht darin irren, „uns eine zu große Länge der geologischen Perioden vorzustellen“, wohl aber in der Schätzung derselben nach Jahren. Wenn Geologen große und complicirte Erscheinungen beobachten und dann Zahlen, welche mehrere Millionen Jahre darstellen, so bringen diese beiden einen völlig verschiedenen Eindruck hervor, und die Zahlen werden sofort für zu klein erklärt. Aber in Bezug auf die atmosphärische Denudation weist Croll durch Berechnung der bekannten, jährlich von gewissen Flüssen herabgeführten Sedimentmenge, im Verhältnis zu ihrem Entwässerungsgebiete, nach, daß 1000 Fuß eines

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/381&oldid=- (Version vom 31.7.2018)