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hatte abholen wollen, hinabstieß in das Dunkel dieses finsteren, schier endlosen Tunnels, aus dem es kein Entrinnen zu geben schien.

Das waren August Wends Gedanken. Nicht daß etwa das Gewissen in ihm sich gemeldet hätte. Nein, dieser hartgesottene Sünder und heuchlerische Biedermann, der in seiner Vaterstadt den harmlosen Blumenzüchter zuletzt gespielt und doch nur immer an die blinkenden Barren auf den Kerguelen gedacht hatte, begehrte jetzt nur in ohnmächtiger Wut gegen das tückische Schicksal auf, das ihn den nicht minder verbrecherischen Matrosen der Frigga in die Hände gegeben hatte. – Sollte er, August Wend, der sich aus so vielen verhängnisvollen Lagen glücklich herausgewunden hatte, hier in dieser Einsamkeit der Tiefen der Erde wirklich umkommen?! Sollte seine jahrelange Ausdauer, mit der er den Augenblick erwartet hatte, wo er die Freuden des Reichtums voll auskosten konnte, umsonst gewesen sein?! – Nein – niemals! Er durfte so nicht enden! Er würde leben, mußte leben! Noch hatten er und Ernst Pötter ja für einige Zeit Proviant! Und – wenn der Kajütjunge als unnötiger Esser ausfiel, dann – dann kam ihm das zugute. Wenn Ernst Pötter ausfiel, also – hier unten umkam, wo ein Mord nur die stillen Felsen als Zeugen hatte. – Nicht zum ersten Male war der Steuermann von diesen Gedanken beschlichen worden. Nein: die Beseitigung des Jungen war bereits beschlossene Sache. Und heute, jetzt gleich, sollte es geschehen. Nur nicht zaudern!

Der Steuermann war jetzt ganz munter geworden. Er hatte sich zu sitzender Stellung auf seinem Lager aufgerichtet, ließ nun die Augen suchend umhergleiten. Erst jetzt fiel ihm auf, daß die zweite, kleinere und sparsamer brennende Laterne, die nachts stets angezündet worden war, heute ihr trübes Licht nicht wie sonst durch die Dunkelheit schimmern ließ. War sie ausgegangen? – Wahrscheinlich! – August Wend holte sein Feuerzeug leise hervor: ein kleines Flämmchen glomm auf, das gerade genügte, den von so finsteren

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W. Belka: Das Land Gigantea. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Land_Gigantea.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)