des Lichtes ausbreiten können. Faraday suchte sich ein genaueres Bild der Kraftträger zu machen, indem er die in jedem Moment tatsächlich vorhandenen Kraftrichtungen durch »Kraftlinien« darstellte und sich diese »Kraftfäden« gewissermaßen als Muskeln dachte, die das Bestreben haben, der Länge nach sich zusammenzuziehen und der Quere nach sich auszudehnen. Weil sie an den Körpern befestigt sind und sich gegenseitig nicht durchdringen können, müssen solche Kraftfäden Kräfte auf die Körper (ponderomotorischen Kräfte) ausüben, wie man sie tatsächlich beobachtet.
Maxwell und später Heaviside (1886) und Hertz (1889) gaben den erwähnten Gesetzen von Biot und Savart (Gesetz I) sowie von Faraday (Gesetz II) solche Form, daß sie diese Vorstellung zum Ausdruck brachten, nämlich (für einen Isolator):
wozu noch je zwei weitere Gleichungen zu schreiben sind, die durch zyklische Vertauschung von entstehen. bedeutet dabei die magnetische, die elektrische Kraft auf einem Einheitspol mit den Komponenten bezw. , die magnetische Permeabilität, die Dielektrizitätskonstante, die Lichtgeschwindigkeit und die Zeit, alles in CGS-Einheiten gemessen. Dabei mußte angenommen werden, auch der Äther sei elektrisch erregbar wie ein materieller Isolator und Änderung der elektrischen Polarisation könne ebenso ein magnetisches Feld erzeugen wie ein elektrischer Strom oder mechanisch bewegte Elektrizität, ferner bilde stets die elektrische Verschiebung im Äther die gleich starke Fortsetzung eines ungeschlossenen Stromes, die diesen zu einem geschlossenen ergänze.
Natürlich sollten die Gesetze der Mechanik, also insbesondere Newtons Gesetz der »Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung« sowie Galileis »Relativitätsprinzip« durchaus aufrecht erhalten werden, denn man zweifelte nicht an der Begreiflichkeit der Erscheinungen. So sagte Hertz (1894): »Alle Physiker sind einstimmig darin, daß es die Aufgabe der Physik sei, die Erscheinungen der Natur auf die einfachen Gesetze der Mechanik zurückzuführen«. Er erhoffte solche Aufklärung von der Aufdeckung »verborgener Bewegungen«, die Kraftübertragung durch
Otto Lehmann: Das Relativitätsprinzip der neue Fundamentalsatz der Physik. Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Karlsruhe, Bd. 23 (1909-1910), Karlsruhe 1911, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Relativit%C3%A4tsprinzip_(Lehmann).djvu/10&oldid=- (Version vom 11.8.2024)