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daß man einen oder zwei Menschen auf ein wildes, ungebändigtes Roß gebunden und dieses dann in die Wüste gejagt hatte, in der Hoffnung, daß ein Wälzen des Tieres in dem äußerst tiefen und weichen Sande der Kalahari die Reiter nicht töten, sondern nur leicht verletzen würde, war an und für sich eine Grausamkeit, die nur in der Hölle erfunden sein konnte.

Aber hier lebte nur einer der Reiter. Der andere, eng mit dem ersteren befestigt, war bereits tot. Außerdem aber hätte der noch lebende Reiter es in der feurigen Sonnenglut auch nicht lange ohne Trinkwasser aushalten können.

Letzterer war niemand anderes als Georg Schneider, der junge deutsche Farmer, und der Schwarze vor ihm war derjenige Neger, den er im Kampfe um Eigentum, Ehre und Leben, also aus Notwehr, getötet hatte.

Georg Schneider hatte keinen Selbstmord begangen. Der Polizeihauptmann, den er gerechtermaßen mit der Reitpeitsche gezüchtigt, hatte also seine Rache noch ausüben können, und er wußte in der That eine bessere Rache als die Verurteilung zum Tode!

Es wurde nämlich einfach gesagt, der Häftling hätte sich in seiner Zelle erhängt, und während man dann einen vielleicht gerade gestorbenen Mann an seiner Stelle verscharrte, band man Georg heute morgen noch vor Aufgang der Sonne nackt auf ein wildes Roß, das jedem Zähmungsversuch spottete und daher untauglich und nur gerade zu diesem Zwecke recht gut brauchbar war und vor ihn schnallte man den getöteten Soldaten. Dann wurde das unbändige Pferd in die Wüste hinausgejagt.

Die Sonne ging auf, die Hitze nahm zu. Der Glut nackt preisgegeben, von unzähligen Mosquitos gepeinigt, auf einem vom Entsetzen gepackten, sich überschlagenden Pferde – wer mag die Gefühle solch eines Gefolterten zu beschreiben!

Immer höher stieg die Sonne. Ohnmachten wechselten mit klaren Minuten ab, der Unglückliche weinte und betete

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Robert Kraft: Das Stahlroß. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Stahlro%C3%9F.pdf/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)