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aufhörte. Steine dagegen wurden nicht in das Thal geschleudert; wahrscheinlich wollte der Hauptmann sein hübsches Häuschen schonen. Entgehen konnten ihm die Gefangenen ja so wie so nicht. Sie mußten nach seiner Meinung entweder kapitulieren oder Hungers sterben.




Der Ausfall.

Die Nacht brach an, die Eingeschlossenen hielten abwechselnd Wache. Als Richard an die Reihe kam, ging er wieder einmal durch den Engpaß, der in völliger Dunkelheit und in tiefster Stille dalag. Das machte ihn schon stutzig. Er erreichte den Steinwall, er kletterte vorsichtig hinauf – nichts regte sich.

Das Ersteigen des Gerölls ging allerdings nicht ohne Geräusch ab, und dennoch ertönte kein Zuruf, kein Schuß fiel, kein Poltern verkündete das Herabstürzen von Steinen.

Was war das? Sollte die Belagerung aufgegeben worden sein? Richard dachte nicht an eine solche Möglichkeit und ebenso wenig daran, den scheinbar freien Weg zu benutzen, wenigstens jetzt noch nicht. Hier war eben eine Falle gebaut worden, und so lange man nicht die Beschaffenheit derselben kannte, durfte man keinen Ausfall wagen.

Zu weit wollte Richard auch nicht gehen, er selbst konnte ja in die Schlinge geraten, und so begab er sich denn nachdenkend wieder zurück.

„Mister Richard,“ kam ihm da Anna, die er vorhin abgelöst hatte, atemlos entgegen, „ich habe einen geheimen Gang unter der Erde entdeckt. Ich suche vorhin nach Lichtern, öffne einen Schrank, sehe eine Leiter in einen Schacht hinabführen, denke erst, es sei ein Brunnen, steige aber hinab und bemerke, daß der Schacht weiter unten trocken aufhört und sich seitwärts abzweigt. Weiter verfolgt habe ich ihn noch nicht.“

Empfohlene Zitierweise:
Robert Kraft: Das Stahlroß. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Stahlro%C3%9F.pdf/30&oldid=- (Version vom 31.7.2018)