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erleuchteten Frauen, die vom Kindersegen nichts mehr wissen wollen, verstehen sich auf hygienische Maassregeln, so dass die wenigen Kinder schön gedeihen, und sie sind reich an Geistesschätzen, so dass sie ihre Kinder nicht nur grossziehen, sondern auch auf die Höhen des Intellectualismus führen können. Solches Zeug schreibt die studirte „Sociologie“ zusammen, weil sie meiner Folgerung nicht entrinnen kann und doch auf die feministischen Bestrebungen nicht verzichten will. Sie schlägt einen Haken, und weist darauf hin, wie viele Kinder in Arbeiterfamilien zu Grunde gehen. Wäre es da nicht besser, wenn die Eltern nur ein paar Kinder erzeugten, sie aber recht sorgfältig aufpäppelten? Freilich, für arme Familien in der Stadt ist die Beschränkung der Kinderzahl zu empfehlen, aber das hat mit unserem Probleme gar nichts zu schaffen. Nicht Mangel an Intellectualismus, sondern Mangel an den einfachsten Lebensbedürfnissen, an Milch, an Luft, kurz die sociale Noth bringt die Kinder der Armen in der Stadt um. Man bessere die abscheulichen Lebensbedingungen, man beseitige vor Allem den Alkoholismus, dann werden die Arbeiterkinder gerade so gesund und fröhlich aufwachsen wie die Kinder auf dem Lande. Die Behauptung aber, dass die „gebildete“ Frau ihre Kinder besser aufziehe als die natürliche Frau, ist einfach Unsinn. Wo gedeihen denn die Kinder am besten? In einfachen Verhältnissen und bei braven Eltern mit gesundem Verstande. Man lese die Biographien Derer, die einer Kinderschaar armer Eltern angehört haben. Neuerdings hat H. Ellis für englische Verhältnisse nachgewiesen, dass geniale Menschen in der Regel kinderreichen Familien angehören, dass aus kinderarmen Familien durchschnittlich nicht viel Ausgezeichnetes kommt. Ich hatte schon früher für Mathematiker und für Künstler das Gleiche gefunden. Man gehe hinaus aufs Land, in Gemeinden, wo das Geld knapp ist und die Bildung knapp ist, wo aber Elend und Trunksucht fehlen, da wird man sehen, worauf es ankommt, und die intellectualistischen Phrasen werden einem zum Ekel werden. Alle diese Dinge sind so einfach, dass ich sie am liebsten gar nicht bespräche, wenn ich nicht hier auf „die schwächeren Schwestern“ Rücksicht nehmen müsste. Noch viel weniger als bei der körperlichen Pflege kann bei der Erziehung des Geistes

Empfohlene Zitierweise:
Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold , Halle a. S. 1903, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)