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nicht ändern, aber den Eltern muss man ans Herz legen, dass sie nicht alle Verantwortung auf die öffentlichen Einrichtungen werfen dürfen. Ihre heiligste Aufgabe sollte sein, die Mädchen gesund zu erhalten, dann mag später kommen, was will; ein krankes Mädchen taugt zu gar nichts. Dem Standeshochmuthe und der Ueberschätzung der sog. Geistesbildung fallen „Menschenopfer unerhört“. Einer der wichtigsten Einwände gegen das Studium und die Hochbildung weiblicher Wesen ist der, dass, wenn etwas bei der Sache herauskommen sollte, das Mädchen gerade wie der Knabe vom 11. Jahre an zu dem Berufe vorgebildet werden müsste, also zu einer Zeit, zu der ein Urtheil über die spätere Entwickelung der Dinge noch gar nicht möglich ist. Abgesehen von den ganz seltenen Fällen, in denen ein Mädchen früh hervorstechende Talente zeigt, ist der Beschluss, das Kind solle für einen anderen als den natürlichen Beruf des Weibes erzogen werden, eigentlich eine Vermessenheit. Man hört oft sagen, das, was das Mädchen als Frau braucht, könne ja auch nachgelernt werden. So erbärmlich denke ich denn doch nicht von den Fähigkeiten einer tüchtigen Hausfrau. Wenn ein Mädchen zur rechten Zeit, d. h. etwa vom 18. bis zum 23. Jahre, heirathet, so reicht die Zeit eben aus, um sie bei Schonung der Gesundheit zum Practischen tüchtig zu machen. Wenigstens vom sog. Mittelstande gilt das Gesagte. Mögen die neuen Weiber sein, wie sie wollen, hexen können sie doch nicht, und auf einer Seite würde es immer fehlen, auch wenn sie noch ein wenig mehr als männliche Geisteskräfte hätten.

Werfen wir zum Schlusse noch einen Blick in die Zukunft, so sind für Den, der auf eine bessere Zeit nach den Wirrnissen der Gegenwart hofft, zwei Wege denkbar. Entweder kann man denken, es sei die individualistische Verirrung ein Durchgang für den weiblichen Geist. Nahm früher das Weib sein Schicksal gedankenlos auf sich, diente sie in unbewusster Frömmigkeit dem Zwecke der Gattung, so kann sie in Zukunft, nachdem sie den Irrthum der Freiheitbestrebungen eingesehen hat, dasselbe bewusst thun, wissend sich hingeben und nicht das Wohl des Ich, sondern das des Mannes und der Kinder erstreben. Oder man kann der Meinung sein, eine solche Entwickelung

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Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold, Halle a. S. 1903, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/70&oldid=- (Version vom 31.7.2018)