Seite:De Alemannia XI 043.gif

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arme Seele noch wol Rat zu finden. Gieng aber in solchen gefärlichen Stricken, ob schon mit schwerem Gewissen und abwechslender Schwermut, dahin, biß die bestimmte Jar allerdings verflossen. Da er dann Anno 1666 Donnerstag Nachts vor dem Neuen Stephans-Tag von dem Feind mit scharfen Troz-Worten angeschnarchet und benachrichtiget worden, daß den künfftigen dritten Tag sein Leib und Seel ihme vermög eigen-Handschrifftlicher blutiger, freywilliger Verschreibung, verfallen sey. Welche seine Seelen-Gefar denn der Diener seiner Getreuen an seiner Seiten ruhenden Ehgehülffin entdeckte, die auch one Verzug, so wol Geistlichen als Weltlichen solches geoffenbaret, und bei denselbigen Hülff und Rat gesucht. Hierüber wurde er gefangen gesezt, und die Herren Geistliche ime zugeordnet, durch deren Anweisung er dem Satan widerruffen, iren eifrigen Zuspruch aus H. Schrifft begirig angenommen, und die Krafft deroselben herzlichen Fürbitt dergestalt genossen hat, daß, obwol der Feind auf ermeldte Zeit mit Ungestüm sich hören und spüren lassen, auch den Diener von der Ketten zureißen (wiewol vergeblich) gesuchet, und denselbigen blutig geschlagen, er dannoch durch den fürgehaltenen Macht-Spruch: Deß Weibes Samen wird der Schlangen den Kopf zertretten, sich unverrichter Sachen abtreiben lassen müssen. Darauf wurde er der Kirchen in öffentlichem Bann fürgestellt, und seine entsezliche Missetat ime nach Notdurfft vorgehalten. Nachdem er aber in einem Traur-Kleid sich in allen Predigten und Betstunden bußfertig eingefunden, und seine herzliche Reue mit vilen Tränen ernstlich bezeuget, ist derselbe deß Gefängnüsses befreyet, dem Schoß und der Gemeinschafft der Christlichen Kirchen wider einverleibet, und in sein Hauß gelassen worden. In welchem er auch eine zimliche Zeit sich Christlich und eingezogen verhalten, ließ sich doch endlich aus Ueberdruß deß stillen Lebens, nach übermäßigem Trunck, in ein verdächtiges Hauß verleiten, woraus er ein neues Unglück im leichtlich einbilden konte, welchem zu entrinnen, er sich auf die Flucht, und folgends in den Krieg begeben. Da er dann auf dem Wasser fortgefaren, in einer Welt-berümten Stadt etliche Tag still ligen müssen, und daselbst einen Handwercks-Gesellen, welcher vor disem in seinem Vatterland in Arbeit gestanden, nunmer aber eine eigene Werckstatt fürte, angetroffen, welchem er sein ganzes Herz eröffnet, und alle seine Händel erzelet, auch seinen damaligen Mangel und Elend beweglich geklaget. Diser aber trug an statt Mitleidens Scheu und Eckel über seinem Zustand, und ließ sich nicht mer von im antreffen; Reiset eine kurze Zeit hernach in deß jungen Kauffmanns-Dieners Heimat und erzelte den ganzen Verlauff, welches dann die lezte Urkund von im gewesen. Dann ob man gleich zum öfftern ausgesprengt, daß er in einer oder andern Stadt wäre gesehen worden, hat sichs doch auf eingezogene Kundschafft nicht also erfinden wollen, und

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Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XI. Marcus, Bonn 1883, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XI_043.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)