Seite:De Arndt Mährchen 1 022.jpg

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Gehülfen nachtragen. Hierauf habe ich nun meine Hoffnung eines neuen Glückes gestellt, ob es mir etwa aufblühen wolle; laß mich denn, Herr König, mit Gott diese Probe machen. Ich bin ja doch einer Todten gleich, und ob ich hier begraben bin oder dort begraben werde, kann dir einerlei seyn.

Sie hatte die Gebehrde, als wolle sie noch mehr sagen, aber bei diesen Worten stockte sie und konnte nicht mehr, sondern schluchzete und weinte bitterlich. Der König aber winkte dem Wächter leise zu, der sie herein geführt hatte, und alsbald kamen Frauen und Dienerinnen herbei und trugen sie heraus von dem Könige weg in ein Seitengemach. Und nicht lange, so ward der Wächter wieder zu dem Könige gerufen, und er brachte ihr Speise und Trank, daß sie sich stärkte und erquickte, und zugleich die Botschaft, daß der König ihr die gebetene mitternächtliche Fahrt erlaube. Bald trugen Dienerinnen ihr ein Bad herein nebst zierlichen Kleidern, daß sie sich bedecken konnte, denn sie war fast nackend. Und sie lebte nun wieder wie in Freuden, obgleich sie ganz einsam saß und gegen niemand den Mund aufthat – auch den Dienern und Dienerinnen war das Sprechen zu ihr verboten, sie wußten auch nicht, wer sie war noch wie sie in das Schloß gekommen:

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_022.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)