Seite:De Arndt Mährchen 1 096.jpg

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wären es Strohhalme gewesen, und schritt wohlgemuth und festen Angesichts daher; denn er hatte recht andächtig gebetet und tröstete sich Gottes, da er sich keiner schweren und freiwilligen Schuld bewußt war. Und der Jüngling däuchte den Leuten schöner als je und aller Augen flossen in Thränen über, daß ein so schönes junges Blut sterben sollte; besonders aber jammerten die Weiber und Jungfrauen, deren Herz von Natur mitleidiger ist, und manche dachte wohl: könntest du ihn vom Galgen lösen, du nähmest ihn gleich zum Mann und schämtest dich nicht. Als aber Klas unter den Galgen geführt ward und die Priester mit dem Kreuze in der Hand um ihn her standen und zu ihm sprachen und geistliche Lieder sangen und die Henker die Leiter und Stricke zurecht machten, da ward das Weinen ein lautes Schluchzen und Heulen und Schreien rings um das Hochgericht. Unter andern war auch eine schöne junge Frau da, welche sich durch den Haufen gedrängt hatte und dem Klas grade gegenüber stand, so daß sie ihm ins Gesicht schauen konnte. Diese rief so laut, daß alle Leute es hörten und er es auch hören konnte: O thäte dieser doch nun den Schergen und Henkern, wie Simson den Philistern und zerbräche seine Bande! Und Klas fiel die Geschichte

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_096.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)