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lassen, sogleich um sie herumflattern und herumzwitschern. Sie haben auch die alte Unart im Vogelkleide noch nicht abgelegt und können das Mausen nicht lassen sondern sind noch immer Erzdiebe, und wo nur etwas Buntes und Neues und Schimmerndes ausgehängt wird, da fliegen und schnappen sie darnach, und werden daher keine Vögel leichter in Fallen und Schlingen gefangen als diese beiden, und müssen Grethchens und Kathrinchens gefiederte Urenkel es noch entgelten, daß sie einst zuviel auf Kirmisse und Tänze gegangen und den bunten Rock gestohlen haben, worum der Schneider hangen mußte. Die Menschen jammert es sehr, wann sie Rothkehlchen und Kohlmeischen in den Schlingen hangen sehen, und sie rufen wohl: ach! die armen niedlichen Vögelein! Denn sie sind wirklich sehr niedlich und hübsch, und waren einst auch niedliche und hübsche Dirnen, ehe sie von bösen Buben verführt wurden, und lebten als fromme einfältige Kinder und meinten und wußten nichts Arges.

Aus dieser Geschichte lernt man, daß es wohl wahr ist, was weise Leute sagen, daß mancher einen bunten Rock trägt, worin ihm nicht wohl ist, und daß manche bunte Röcke tragen, wozu sie nicht gut gekommen sind.

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 433. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_433.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)