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brachte den Anzug aus blauem Sommerflanell, ganz lose gemacht. Mit Blumen in den Zimmern war ich vorsichtig, in meinem Arbeitszimmer durften keine stehen. Aber im Nebenzimmer stand eine Schale voller Zentifolien, diese gesunden roten Kugeln, die einen frischen, starken Rosenduft haben, nicht die perverse Mischung mit Tee oder Vanille oder Zederholzdüften. Die beste Arbeitszeit ist der Vormittag. Nachmittags zur Zigarre mußte ich etwas lesen (statt der großen schweren Henry Clay rauchte ich jetzt eine kleine blonde Bock) und dazu hatte ich den Livius gewählt. Der würde mich nicht stören und erzählt mit so schön beruhigender Stimme. Und alles was geschieht, erscheint so ordentlich für seinen Zweck zugeschnitten, wie die Holzstückchen eines Geduldspieles, die ja doch alle ineinander passen, um das Bild, die Größe des römischen Reiches zu geben. Das verleiht ein angenehm geordnetes Gefühl, dabei kann man den Kopf nach hinten sinken lassen und die Augen schließen … die Gedanken vergehen … Diese Decius mit der Familieneigentümlichkeit – sich zu opfern – wie die Gicht in anderen Familien – sehr – aristokratisch. – Das ist sehr erfrischend. Wenn

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Eduard Keyserling: Seine Liebeserfahrung. In: Bunte Herzen. Fischer, Berlin 1909, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bunte_Herzen_(Keyserling).djvu/159&oldid=- (Version vom 31.7.2018)