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Salmiak- und Alauntheilchen thätig ist; denn diese letztere besteht für die Beobachtung nicht.

Wenn man nun die Zusammensetzung derjenigen Verbindungen, die bei gleicher Krystallform nicht zusammen krystallisiren, mit denen vergleicht, welche unter denselben Umständen gemischte Krystalle bilden, so zeigt sich, dass die ersteren eine unähnliche, die anderen eine in allen Stücken ähnliche Zusammensetzung besitzen. So enthalten Bittersalz, Zinkvitriol, Nickelvitriol eine ganz gleiche Anzahl zusammengesetzter Atome und zwar so, dass ein Bittersalzkrystall von einem Zink- oder Nickelvitriolkrystall sich nur dadurch unterscheidet, dass die beiden letzteren, anstatt eines Aequivalents oder Atoms Magnesium, ein Atom Nickel oder Zink enthalten, in der Art, dass wir Zink- und Nickelvitriol erhalten, wenn wir in einem Bittersalzkrystall das Magnesium ausscheiden und durch ein Aequivalent Zink oder Nickel vertreten.

Das Salmiakatom enthält seinen Bestandtheilen nach nur zwei Atome; der Alaun, welcher in derselben Form krystallisirt, enthält dreissig Atome. Eine unähnlichere Constitution kann nicht gedacht werden; sie krystallisiren nicht zusammen.

In allen späteren Untersuchungen hat sich stets gezeigt, dass die Aehnlichkeit in der Zusammensetzung in sehr vielen Fällen eine gleiche Krystallform bedingt, dass zwei Verbindungen von gleicher Krystallform, wenn sie gemischte Krystalle geben, welche die nämliche geometrische Gestalt besitzen, meistens auch ähnlich zusammengesetzte sind, d. h. eine gleiche Anzahl von Atomen (oder Aequivalenten) in derselben Weise geordnet enthalten. In den Fällen, wo zwei Salze von verschiedener Krystallgestalt zusammen krystallisiren, zeigt es sich stets, dass die Form des gemischten Krystalls gleich ist der Form des einen der beiden Salze, und dass seine Zusammensetzung diesem letztern ähnlich ist. So erhält man aus einer Mischung von Kupfer und Eisenvitirol (zwei Salze von verschiedener Form und unähnlicher Zusammensetzung), je nach der überwiegenden Menge des einen von beiden, gemischte Krystalle, welche die Form des Kupfervitriols oder die Form des Eisenvitriols besitzen, und es zeigt sich, dass die ersteren in ihrer Zusammensetzung dem Kupfervitriol, die anderen dem Eisenvitriol ähnlich sind.

Die schönsten Beispiele, dass in vielen Verbindungen die Krystallgestalt ganz unabhängig ist von der Verschiedenheit der Elemente, bieten die sogenannten Alaune dar, womit man Verbindungen bezeichnet, welche eine dem gewöhnlichen Alaun ähnliche Zusammensetzung besitzen, dessen Bestandtheile Schwefelsäure, Thonerde, Kali und Wasser sind. Er krystallisirt in schönen, regelmässigen Oktaëdern. Wir können aus diesem Alaun die Thonerde herausnehmen und durch Eisenoxyd, Chromoxyd, Manganoxyd ersetzen, ohne dass sonst etwas in seiner Form oder Zusammensetzung geändert wird. Der Eisenalaun (welcher an der Stelle der Thonerde Eisenoxyd enthält) ist blass violett und der äusseren Beschaffenheit nach nicht unterscheidbar vom Thonerde-Alaun. Der Chromalaun unterscheidet sich in nichts davon, ausser durch eine violettrothe, der Manganalaun durch eine violette Farbe. Legt man einen Krystall von Chromalaun in eine kalt gesättigte Auflösung von gewöhnlichem Thonerde-Alaun, so lagern sich die beim allmählichen Verdunsten des

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_071.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)