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uns, dass diese letzteren alle genossene Phosphorsäure in der Form von phosphorsaurem Kalk und phosphorsaurer Bittererde enthalten (PO5,2MO), und es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die in Folge des Stoffwechsels freigewordene Phosphorsäure, welche vermöge der chemischen Beschaffenheit des Harns durch die Nieren nicht austreten konnte, von dem Blute aus dem Darm zugeführt werden muss, dass mithin ein Theil des Darmcanals die Function der Nieren als Organ der Absonderung übernimmt. Es ist schwer, vom anatomischen oder chemischen Standpunkt aus sich eine klare Vorstellung von diesem Absonderungsprocess zu machen, von dessen Vorhandensein wir in krankhaften Zuständen (in Diarrhöen z. B.) die überzeugendsten Beweise erblicken; aber die Schwierigkeit der Erklärung hebt in der Naturforschung die Wahrheit einer Thatsache nicht auf.

Ausser den genannten unverbrennlichen Bestandtheilen enthält das Blut der Menschen und Thiere eine gewisse Menge Kochsalz und Eisen. Die Menge des Kochsalzes beträgt in der Regel über die Hälfte des Gesammtgewichtes aller übrigen unverbrennlichen Bestandtheile des Blutes.

Die Verschiedenheit der Nahrung ist ohne bemerklichen Einfluss auf den Kochsalzgehalt des Blutes; das Blut eines Hundes, welcher 18 Tage lang mit Fleisch gefüttert worden war, enthielt dieselbe Menge Kochsalz wie nach zwanzigtägiger Fütterung mit Brod. Der Kochsalzgehalt des Blutes des Menschen, Schafes, Schweines, Ochsen, Kalbes beträgt zwischen 50 und 60 Procent von dem Gesammtgewicht aller Aschenbestandtheile. Der Unterschied der in den verschiedenen Analysen erhaltenen Kochsalzmengen rührt zum Theil von der Schwierigkeit her, bei der Einäscherung des Blutes die Verflüchtigung von Kochsalz zu vermeiden, theils ist der ungleiche Procentgehalt in dem Blute verschiedener Thiere durch den ungleichen Gehalt an anderen Aschenbestandtheilen, an Phosphorsäure oder Kohlensäure bedingt.

Der grosse Gehalt an Kochsalz im Blute ist bemerkenswerth genug, um in Beziehung auf die Frage über dessen Nothwendigkeit für den Lebensprocess in Betrachtung gezogen zu werden.

Es bedarf keiner besonderen Hervorhebung, dass alles im Blute vorhandene Kochsalz von der Nahrung stammt; wenn wir aber die Aschenbestandtheile

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_275.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)