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Kochsalz 17920 Grm. Körner und 35780 Grm. Stroh. Das Kochsalz hatte demnach auch die Wirkung des Chilisalpeters verstärkt, und eine Mischung von beiden Salzen gab einen noch etwas höhern Ertrag an Körnern, als eine Mischung von Kochsalz mit salpetersaurem Ammoniak, worin sich die gleiche Menge Stickstoff befand. Der Versuch mit Guano (20 Pfund) lieferte von einem gleich grossen Stück Feld 17200 Grm. Körner und 33320 Grm. Stroh.

Es ist ganz sicher, dass an der Wirkung des Guano, der nach dem Chilisalpeter den höchsten Ertrag geliefert hat, das darin enthaltene Ammoniak einen ganz bestimmten Antheil hatte, allein im Gegensatz zu dessen Wirkung zeigen die Versuche mit kohlensaurem Ammoniak und salpetersaurem Ammoniak, dass eine, der in 20 Pfund Guano enthaltenen, gleiche Menge Ammoniak oder Stickstoff unter gleichen Verhältnissen so gut wie wirkungslos ist.

Ich will nicht weiter auf die Folgerungen eingehen, die sich an diese Düngungsversuche mit Ammoniaksalzen knüpfen, um nicht die wichtigste Thatsache, die daraus hervorgeht, in ihrer Bedeutung zu schwächen, dass nämlich das Kochsalz in der That eine günstige Wirkung auf die Entwickelung eines Halmgewächses, auf die Vermehrung seiner Masse an Pflanzensubstanz besitzt.

Diese Thatsache ist für den Landwirth nicht neu, aber in einer Menge von Fällen, in welchen das Kochsalz als Beigabe zu Düngmitteln als nützlich sich erwiesen hat, tritt seine Wirkung nicht klar und entschieden genug hervor, und es ist eine Regel in der Naturforschung, dass eine Thatsache zunächst unzweifelhaft festgestellt sein muss, ehe man ihre Erklärung versuchen darf.

Die Wirkung des Kochsalzes ist offenbar sehr ähnlich der Wirkung der Ammoniaksalze und des salpetersauren Natrons, aber wenn man die der Ammoniaksalze und des salpetersauren Natrons aus ihrem Stickstoffgehalt erklärt, weil Ammoniak und Salpetersäure unzweifelhaft Nahrungsstoffe sind, so ist diese Erklärung für das Kochsalz nicht zulässig, denn weder das Chlor noch das Kochsalz machen Bestandtheile eines Pflanzengebildes aus, und man kann darum nicht behaupten, dass einer dieser Bestandtheile nothwendig sei, obwohl sie häufig als Aschenbestandtheile angetroffen werden.

Die in jüngster Zeit gemachten Beobachtungen über das Verhalten der Ackerkrume gegen die Nahrungsmittel der Gewächse zeigen, wie wenig gründliche Kenntnisse wir besitzen über ihre Ernährungsweise und über die Rolle, welche der Boden durch seine physikalische Beschaffenheit dabei übernimmt, und das Verhalten der Ammoniaksalze, des Chlornatriums und des salpetersauren Natrons gegen die phosphorsauren Erdsalze in der Ackerkrume dürfte vielleicht einige Anhaltspunkte abgeben, um über die Wirkung derselben oder über eine ihrer Wirkungen auf den Pflanzenwuchs Licht zu verbreiten.

Das schwefelsaure Ammoniak, so wie andere lösliche Ammoniaksalze besitzen das Vermögen, die phosphorsauren Erdsalze in Wasser löslich zu machen, ähnlich wie dies durch Wasser geschieht, welches eine gewisse Quantität Kohlensäure enthält.

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_364.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)