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Boden, welcher so reich an fixen Nahrungsstoffen für die Weizenpflanze gewesen ist, dass er 12 Jahre nach einander ohne alle Düngung jedes Jahr eine mittlere Ernte von 2856 Pfund Korn und Stroh zu liefern vermochte, die stärkste Düngung mit Ammoniaksalzen bei einem unvollkommenen Ersatz der in den Ernten hinweggenommenen Bodenbestandtheile, einen geringeren Ertrag an Korn und Stroh lieferte als bei einem vollkommeneren; sie zeigen ferner, dass die Ammoniaksalze als Düngmittel in eben dem Verhältnisse entbehrlich gemacht wurden als die Zufuhr an fixen Pflanzennahrungsstoffen zunahm: denn auf dem dritten Felde gab die kleinere Ammoniakmenge nicht einen entsprechend niedrigeren, sondern im Ganzen einen höheren Ertrag als die grössere auf dem zweiten, welches nur im ersten Jahr mit fixen Bodenbestandtheilen gedüngt worden war.

Die Wirkung der Düngung mit fixen Mineralsubstanzen wird durch die Vergleichung der Erträge seiner Stücke II. und III. in den verschiedenen Jahren in die Augen fallen.

Im Jahre 1850 war das Stück III. mit 300 Pfund kohlensaurem Kali, 200 Pfund kohlensaurem Natron, 100 Pfund Bittersalz, 200 Pfund Knochenerde, 150 Pfund Schwefelsäure zum dritten Male gedüngt worden und hatte in den darauf folgenden 5 Jahren als Dünger nur Ammoniaksalze empfangen.

Das Stück II. war nur einmal (1844) mit saurem phosphorsaurem Kalk und kieselsaurem Kali und in den darauf folgenden 11 Jahren mit Ammoniaksalzen allein gedüngt worden.

Die Erträge dieser Felder vom Jahre 1850 an waren folgende:

Ernte in Pfunden Korn und Stroh
1851 1852 1853 1854 1855
I. Ungedüngtes Stück 2710 2457 1772 3496 2860
II. 1844 fixe Mineralstoffe, sodann bis 1855 Ammoniaksalze 5036 4107 2691 5808 3779
III. 1844, 1848, 1850 Mineralstoffe, sodann bis 1855 Ammoniaksalze 4985 4162 3578 7003 5074
oder
I. 1000 1000 1000 1000 1000
II. 1850 1630 1500 1690 1520
III. 1800 1690 2010 2000 1770

Wie man bemerkt, lieferte das Feld Nr. III., nachdem es im Jahre 1850 eine starke Mineraldüngung empfangen hatte, in den beiden darauf folgenden Jahren keinen höheren Ertrag als das zweite, welches diesen Ueberschuss an Nahrungsstoffen nicht zugeführt erhielt, und aus diesem Mangel an Wirkung würde der unerfahrene Landwirth leicht zu dem Schluss sich berechtigt geglaubt haben, dass an diesen Stoffen das Feld reich genug und darum ihre Zufuhr überflüssig und ihr Ersatz eine Verschwendung gewesen sei; allein diese mit so viel Beharrlichkeit fortgesetzten Versuche beweisen die Ungründlichkeit eines solchen Schlusses; sie zeigen, dass kein Theilchen derselben wirkungslos gewesen ist, dass sie aber erst dann zur Wirksamkeit kamen, nachdem sie sich im Boden verbreitet hatten; sie zeigen, dass, um wirksam zu sein, diese Mineralstoffe für sich einer viel längeren Zeit bedürfen, als wenn sie in der Form des Stalldüngers gegeben werden, in dessen organischen Bestandtheilen

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_373.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)