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die Unfruchtbarkeit rühre vielmehr von unserem eigenen Verfahren her, weil wir den Ackerbau der unvernünftigen Willkür ungeschickter Knechte überlassen.

Eine andere Kenntniss habe der Ackersmann, eine andere der Hirte nöthig. Der erste müsse wissen, wie er das Feld durch Früchte am besten nützt; der andere müsse verstehen, wie er die Viehzucht einträglich macht. Weil nun beides mit einander in enger Verbindung stehe, indem es meistens viel nützlicher sei, wenn man das Futter, welches das Feld trage, auf dem Gute verfüttere, als wenn man es verkaufe, und das Düngen zur Fruchtbarkeit des Feldes das Meiste beiträgt, wie man denn das Vieh hauptsächlich des Düngers wegen halte, so müsse ein Jeder, der ein Hofgut hat, nicht allein Wissenschaft besitzen vom Ackerbau, sondern auch von der Viehweide und der Art wie man mit der Stallfütterung verfährt.“ (Columella.)

„Worin besteht der gute Ackerbau? Zum ersten im guten Pflegen, zum zweiten im guten Pflügen, zum dritten im Düngen.“ (Cato.)

„Die Farbe ist kein sicheres Zeichen der Güte des Erdreichs. Denn so wie das stärkste Vieh verschiedene fast unzählbare Farben hat, so hat auch das beste Land vielerlei und unterschiedene Farben.“ (Columella.)

Es giebt vielerlei Boden, Kalk-, Sand-, Thonboden etc. Der eine ist feucht, der andere trocken oder mittelmässig, fett oder mager, locker oder dicht; durch ihre Mischungen entstehen unendliche Verschiedenheiten; das bindige Thonfeld verbessere man mit Sand und Mergel, den Sandboden mit Thon." (Plinius Pallad. Col.)

„Die überflüssige Nässe muss durch Gräben abgeleitet werden, entweder durch offene oder bedeckte; in zähem und kreidigem (?) Land sind offene Gräben vorzuziehen. Offene Gräben müssen oben weiter sein; sind sie rechtwinkelig, so wäscht sie das Wasser aus und die nachschiessende Erde füllt den Graben; den bedeckten Graben sticht man drei Fuss tief aus, und füllt die Hälfte mit kleinen Steinen oder grobem Sand aus, wirft die ausgegrabene Erde drüber und ebnet sie; hat man weder Steine noch Sand, so wirft man zusammengebundenes Gesträuch hinein, so viel sich in dem engen Graben zusammen pressen lässt und bedeckt alles mit Erde. An die Oeffnungen des Grabens setzt man wie bei kleinen Brücken zwei Steine, die als Pfeiler einen dritten tragen; dies hält den Graben offen.“ (Col.) „Der fruchtbare Acker muss vor Allem locker sein, denn dieses suchen wir durch das Pflügen zuwege zu bringen.“ (Virgil.) „Das Land pflügen heisst nichts anderes als es locker und los machen, wodurch der Acker am tragbarsten wird.“ (Cato.) „Die alten Römer glaubten, der Acker sei nicht gut gepflügt, den man eggen müsse.“ (Col.) „Schweres Feld stürze man im Herbste und pflüge es dreimal. Man ziehe so viele und dichte Furchen, dass man kaum sehen kann, von welcher Seite man gepflügt hat, denn dadurch werden alle Wurzeln des Unkrauts ausgerottet; das Brachland muss so oft gepflügt werden, dass es fast in Staub zerfällt. Der Herr des Ackers untersuche oft, ob gepflügt wird wie sich’s gehört, er stosse eine Stange quer durch die Furchen (die Römer legten die Felder wellenförmig in breite Balken, wie man sie jetzt noch in der Umgegend Nürnbergs sieht, nur waren die römischen viel breiter); geht diese ohne Widerstand durch, so ist sicher, dass das Erdreich wohl aufgepflügt ist.

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_446.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)