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Hat das Landgut lauter Kornländereien, so ist es nicht nöthig, jede Art von Mist besonders zu legen; ist aber Baumzucht, Ackerland, Wiesenwuchs vorhanden, so schüttet man jede Art von Dünger besonders auf.“ (Col.) „Taubenmist (Guano) soll man auf die Wiesen, in die Gärten oder auf die Saat streuen.“ (Cato, Varro, Casius.) „Für Wiesen schickt sich der Pferdemist am besten, wie überhaupt der Mist aller Lastthiere, die mit Gerste gefüttert werden, denn diese treibt sehr stark Gras.“ (Varro.)

„Man führt auch Asche mit Vortheil auf den Acker, und jenseit des Po, sagt Plinius, gefällt der Gebrauch der Asche so sehr, dass man sie dem Mist der Zugthiere vorzieht.“

„Sollte gar keine Art von Dünger vorräthig sein, so kann man mit Vortheil dem Beispiel meines Vatersbruders M. Columella folgen; er düngte die Weinstöcke nicht mit Mist, weil er den Geschmack des Weines verderbe, sondern erwartete eine reichere Weinlese von der Beschüttung mit künstlicher oder aus den Wäldern geholter Erde. Bei Mangel an allem Dünger glaube ich, dass sich der Landwirth am leichtesten durch die Lupine wird helfen können; werden diese Mitte Septembers in magerem Lande gesäet und eingepflügt, so vertreten sie die Stelle des besten Düngers.“ (Col.)

„Ein Landwirth muss wissen, dass zwar ein Acker ohne alle Düngung von Kräften kommt, dass aber allzu starke Düngung ihm schade. Man dünge darum lieber oft als unmässig.“ (Col.)

„Eine Erinnerung füge ich noch bei: wenn der Mist ein Jahr gelegen hat, so ist er für’s Feld am besten, im Sommer soll er umgearbeitet und stets feucht erhalten werden, damit die Unkrautsamen verfaulen und nicht wieder auf das Land gebracht werden.“ (Col.)

„Die besten Futtergewächse sind Luzerne, Bockshorn, Wicken und Gerstengemengsel. Unter den Futterkräutern zeichnet sich die Luzerne aus, denn einmal gesäet dauert sie zehn Jahre, macht das magere Vieh fett und ist eine Arznei für das kranke. Man muss im Anfang sie jäten, denn sonst erstickt das Unkraut die zarte Luzerne.“ (Col.)

„Man säet nicht alles der Frucht wegen, die man im gegenwärtigen Jahre geniessen will, sondern für’s folgende, weil manche Pflanzen, die abgeschnitten und dem Lande gelassen werden, den Boden bessern. So wird die Lupine in einem mageren Acker anstatt Dungs untergepflügt.“ (Varro.)

„Das Heu schneide zur rechten Zeit, und hüte dich, dass es nicht spät geschehe; ehe der Same reift, musst du es schneiden und das beste Heu besonders legen.“ (Cato.) „Den moosigen Wiesen hilft man durch eine neue Besamung oder Düngung, doch ist beides nicht so vortheilhaft, als oft Asche darauf zu streuen, welche das Moos vertilgt.“ (Col.)

Alle diese Vorschriften hatten, wie die Geschichte uns lehrt, nur einen vorübergehenden Erfolg; sie beschleunigten den Verfall des römischen Ackerbaues; dem kleinen Bauer gingen zuletzt die Mittel aus, seine Felder fruchtbar zu erhalten und lohnende Erträge zu gewinnen; schon zu Columella’s Zeit erntete man nicht mehr als den vierfachen Ertrag der Aussaat; die Felder fielen in die Hände der grossen Grundbesitzer, und nachdem die Sklavenwirthschaft es noch eine Zeit lang ausführbar gemacht hatte „mit dem geringsten Aufwand an Dünger die höchsten Erträge“ zu erzielen, da reichten zuletzt auch diese nicht mehr hin, die

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 448. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_448.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)