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Wie gesagt, hat diese Deutung wenig Beifall gefunden, doch wohl desshalb, weil sie Innocenz eine allzu bescheidene Rolle zuschiebt, die mit der Politik dieses Papstes in dem Thronstreit zwischen Philipp und Otto schwer vereinbar scheint. Wir begreifen auch nicht, warum die Curie für die Anerkennung ihrer Lehnshoheit über Sicilien besorgt war, nachdem Friedrich und sein Sohn Heinrich ihr Huldigung geleistet hatten? Warum legte sie Werth darauf, dass die Beseitigung der Personalunion gerade nach der Kaiserkrönung stattfinden sollte?

Diese Fragen bleiben ohne Antwort. Trotzdem glaube ich, dass die Ansicht Winkelmanns nur einer schärferen Formulirung bedarf, um die Lösung der Schwierigkeiten zu geben[1].

Zuvörderst aber möchte ich betonen, dass auch die gegnerische Ansicht Zweifel genug übrig lässt. Auffallend ist schon die Unbefangenheit Friedrichs, mit der er Honorius gegenüber zugesteht, dass er sich um die Wahl Heinrichs zum deutschen König bemüht habe[2], und zwar in demselben angeblich „verlegenen“, lügnerischen Bericht, nach welchem die thatsächlich vollzogene Wahl ohne sein Zuthun erfolgt ist. Vor Allem aber bleibt es unerklärlich, warum die Curie, die bei dem späteren Streite mit Friedrich an Vorwürfen und Schmähungen gegen diesen nicht gespart hat, ihm niemals seine Treulosigkeit in dieser Angelegenheit vorgehalten hat.

Ich bemerkte schon, dass der Gegensatz der Personal- und Realunion, wie ihn Winkelmann eingeführt hat, den Quellen fremd ist. Er dürfte wohl überhaupt den Vorstellungen der Zeitgenossen Friedrichs nicht geläufig gewesen sein, jedenfalls nicht in der Anwendung auf das Verhältniss des Königreiches Sicilien zum Kaiserreich. Die Ausdrücke der Quellen setzen ein

  1. Die Gründe, welche Lorenz p. 327 ff. und Berthold p. 75 ff. gegen Winkelmann anführen, sind nur unter der Voraussetzung von Bedeutung, dass die Erklärung Winkelmanns eine befriedigende Lösung nicht zu geben vermag. Ich erwähne nur, dass die Krönung des jungen Heinrich zum König von Sicilien offenbar den Zweck hatte, die staufische Dynastie in Sicilien zu sichern, für den Fall, dass Friedrich bei seinem Zuge nach Deutschland den Tod fände. Ueber die viel erörterte Seereise kann ich wohl schweigen; vielleicht hatte Frau Constanze gute Gründe, die Seereise zu meiden.
  2. Böhmer-Ficker 1014. Theiner Cod. sacri dominii I, 50; Böhmer-Ficker 1143; Winkelmann, Acta I, p. 156.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_103.jpg&oldid=- (Version vom 9.11.2022)