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Prüfungen vorgenommen und Grade verliehen wurden; wie dem aber auch sei, wir haben heute kein Recht, Erfurt den Titel eines Generalstudiums zu versagen, den ihm die Zeitgenossen zuerkannten. Mit dieser selbständigen und lange fortgesetzten Entwicklung stimmt es ferner gut zusammen, dass die Statuten, welche sich Erfurt einige Jahre nach Empfang der päpstlichen Privilegien gab, weit selbständiger gestaltet sind als die der anderen deutschen Universitäten. Italienische und Pariser Ordnungen sind in denselben in eigenthümlicher Weise verarbeitet worden.

Soweit wir wissen, war also Erfurt das einzige ohne eigentliche Gründung entstandene Generalstudium Deutschlands, und Erfurt galt als Generalstudium, wahrscheinlich bereits lange ehe Prag gegründet ward.

Allein Erfurt hatte doch nur eine Facultät und keine den berühmten Generalstudien entsprechende Selbstregierung; auch zeigt der Einspruch der freilich durch getäuschte Hoffnungen erzürnten Gegner Tottings, dass man es unternehmen konnte, dieser Schule den Charakter des Generalstudiums abzustreiten, wie in Italien Bologna und die Schule des Bartolus die Studien in Modena, Parma, Arezzo u. s. w. als studia adulterina bezeichnete. Diese Lage, das Fehlen der übrigen Facultäten und die Hoffnung auf weitere, die Unterhaltung der Universität sichernde und ihr Ansehen steigernde Privilegien erklären zur Genüge, dass die Stadt, auch wenn sie ihre Schule bereits als ein Generalstudium ansah, doch noch einen päpstlichen Stiftungsbrief für ein Generalstudium erbat, als sich ihr Gelegenheit dazu bot. Papst Clemens VII. gewährte ihn 18. September 1379 und zwar der Stadt und ihren Bürgern[1]. Die Theologie war in dieser Bulle nicht ausgeschlossen[2] aber auch nicht besonders genannt, sondern nur in der allgemeinen Formel mit einbegriffen. Es

  1. Diese Thatsache ist zu beachten bei Beurtheilung der damaligen Stellung der Stadt zu dem Erzbischof von Mainz, ihrem früheren Landesherrn.
  2. Die Formel lautete a. a. O.: Presentium tenore statuimus… dictisque proconsulibus, consulibus et oppidanis ac universitati de specialis gratie dono concedimus, ut in eodem oppido de cetero sit studium generale illudque perpetuis futuris temporibus in eo vigeat in grammatica, logica et philosophia nec non in juribus canonico et civili et eciam in medicina et qualibet alia licita facultate.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_150.jpg&oldid=- (Version vom 10.11.2022)