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der neuesten Erscheinungen zu citiren – zeigen uns, dass die Juristen auf dem Gebiet der Verf-G. mit den Historikern wetteifern. Fügen wir noch hinzu, dass unsere Historiker, die sich bisher gar zu gern auf französische Geschichte beschränkten, ein immer wachsendes Interesse an der Geschichte des Auslandes nehmen, ihre Forschungen immer mehr auf auswärtige Archive und Bibliotheken ausdehnen. Die Geschichte von Florenz von Hrn. Perrens, die Bücher des Herrn Bémont über Simon v. Montfort, von Hrn. Durrieu über die Archive von Neapel, von Hrn. Yriarte über Cesare Borgia, von Hrn. Desdevises du Dezert über den Prinzen von Viane, von Hrn. Auerbach über den sächsischen Hof, von Hrn. Waddington über die Gründung des preussischen Königthums, von Hrn. Rambaud über Russland,[WS 1] sind Beweise dieser Erweiterung des Horizontes unserer Historiker. Ich glaube also ohne falschen Optimismus sagen zu können, dass die historischen Studien in wirklichem Fortschreiten sind. Seit 20 Jahren hat der Unterricht sich ausserordentlich entwickelt, die Gelegenheit zu arbeiten und zu publiciren hat sich vervielfacht, und die Geschichtswerke haben an wissenschaftlichem Werth in demselben Masse gewonnen, wie das Feld der Untersuchungen ein weiteres und der Wissensdrang der Historiker ein universalerer geworden ist.

Versailles, im April 1889.
G. Monod.     




Die neuere böhmische[WS 2] Geschichtsforschung.


Es scheint zweckmässig, unsere Berichterstattung über böhmische Geschichtsforschung mit einer etwas zurückgreifenden Uebersicht der neuesten wissenschaftlichen Thätigkeit auf diesem Gebiete zu beginnen.

Als Ausgangspunkt wählen wir das Todesjahr Fr. Palacký’s, des berühmten böhmischen Landeshistoriographen († 1876), welches in der Geschichte der inneren Entwicklung der böhm. Nation einen bezeichnenden Wendepunkt bildet. Der Name Palacký stellt uns den vornehmsten Repräsentanten jener idealen patriotischen Richtung dar, welche aus den Erfolgen der unter K. Josef II. belebten wissenschaftlichen Bestrebungen den Impuls nahm, die in den vorangehenden Jahrhunderten verfallene böhmische Sprache in die Poesie und Wissenschaft wieder einzuführen und ihr den früheren Einfluss und neue Geltung in dem öffentlichen Leben wieder zu verschaffen. Der Versuch gelang, und das grösste Verdienst darum gebührt dem unermüdlichen und schöpferischen Geiste Palacký’s. Die böhmische Geschichtsforschung insbesondere wird den scharfblickenden grossen Slavisten Dobrovský

Anmerkungen (Wikisource)

  1. lt. Korrektur-Meldung ergänzt um: von Hrn. Zeller über Deutschland,
  2. lt. Korrektur-Meldung ergänzt um: Bei dem Artikel Herrn Vančura’s ist durch Versehen der Redaction die Vorbemerkung unterblieben, dass der Herr Berichterstatter sich nach Vereinbarung mit der Redaction auf einen Bericht über die czechische Forschung beschränkt hat. Dem entsprechend ist auch nach deutschem Sprachgebrauch im Titel „czechisch“ für „böhmisch“ einzusetzen. Ueber die deutsch-böhmische Forschung wird die Zeitschrift voraussichtlich sehr bald einen Artikel von anderer Seite bringen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_176.jpg&oldid=- (Version vom 28.11.2022)