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Grabstätte nach der Basilica von Waulsort zu bringen, was unter wunderbaren Heilungen am 3. December, dem Todestage des Eloquius, geschehen war. Nachdem zur selben Zeit auch die Weihe der Basilica stattgefunden hatte, wurde der dreifache Festtag seitdem Jahr für Jahr unter grossem Zulauf des Volkes gefeiert.

Gleich bei der Untersuchung über die Anfänge und den ersten Abt des neuen Klosters gerathen wir jedoch in grosse Schwierigkeiten, stehen sich doch die Nachrichten hier schroff gegenüber. Mag es auch wenig ausmachen, dass die vita Forannani und die Historia Walciodorensis, zwei Quellen des 12. Jahrhunderts, deren Unwerth des Weiteren nachgewiesen wird, als ersten Abt Forannan, einen der Schottenmönche, nennen, zumal die Historia erst wieder auf die vita zurückgeht, so bleibt doch der Zweifel, ob wir der vita S. Cadroe oder einer in der Form zwar nicht unverdächtigen, inhaltlich jedoch den Stempel der Zuverlässigkeit tragenden Urkunde des Grafen Robert von Namur vom 2. Juni 946 für Waulsort[1] mehr Glauben schenken wollen.

  1. Martène, Coll. ampl. I, p. 287 mit der Datumzeile: Actum Namuco publice sub die IIII Non. Junii anno ab inc. dom. nostri Jesu Christi DCCCCXLVI et regni serenissimi regis Ottonis XI ind. IIII. Angezweifelt resp. für falsch erklärt wurde die Urkunde durch Bresslau im „Neuen Archiv“ VIII, S. 597, Forschungen z. dt. Gesch. Bd. 26, S. 31, und Handbuch d. Urkundenlehre I, S. 531 Note 16. Was sie verdächtig macht, ist einmal die Schreiberzeile: Ego Kodradus cancellarius scripsi, insofern der öffentliche Gerichtsschreiber, den man wegen des „publice“ in der Datum- und Actumformel in ihm wohl sehen müsste, um diese Zeit in jenen Gegenden nicht mehr mit Bestimmtheit nachweisbar ist, andererseits an einen Kanzler des Grafen noch nicht gedacht werden kann. Abgesehen jedoch davon, dass der öffentliche Notar in andern französischen Gegenden sich noch in späterer Zeit findet (Bresslau in den Forschungen a. a. O. S. 64), so läge der Gedanke doch nahe, in ihm einen klösterlichen Beamten zu sehen (vergl. auch Bresslau, Handbuch der Urkundenlehre I, S. 444), wie in den Urkunden des Grafen von Virmandois, in denen auch die Reihenfolge der Eschatokollformeln, Datumzeile, Zeugenreihe, Schreiberzeile genau dieselbe ist, wie in unserem Diplom. (Vergl. Colliette, Mémoires pour serv. à l’hist. de Virmandois I, S. 560; 565; 567; 568). Hier kommt dazu, dass der Name Kodradus, wenn nicht überhaupt nur eine latinisirte Form von Kadroe, mit dem irischen Eigennamen wohl stammverwandt sein dürfte. Der zweite Verdachtsgrund erstreckt sich auf die Formel: manu propria cum impressione signi praesentem cartam roboravi, da „impressio“ doch nur mit „sigillum“, schwerlich aber mit „signum“ verbunden
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_343.jpg&oldid=- (Version vom 1.12.2022)