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Gleichwohl sehen wir ihn während des Reichstages 1755–56 anfangs eine mehr passive Rolle spielen. Die „Politische Correspondenz Friedrich’s des Grossen“ liefert uns Dutzende von Beispielen dafür, wie er „zu gedachter Frau Schwester beständighin alle Moderation, Beruhigung, Complaisance und Abstellung alles Aigreurs, Mépris gegen andere und Vermeidung aller Violences geprediget und auf das Höchste darum gebeten“[1]. Ueber das Begehren Ulrikens nach grossen Geldsummen – natürlich zur Ausführung ihrer Revolutionspläne – ging er mit Stillschweigen hinweg. Der schwedischen Regierung liess er sein Interesse an der Erhaltung der bestehenden Verfassung in klaren Worten versichern[2]. Erst das unwürdige Vorgehen der Reichsstände gegen ihre Königin in der sogenannten Juwelenaffaire[3] (April–Juni 1756) entfachte seinen Zorn[4]. Es kam zu langwierigen Verhandlungen zwischen Berlin und Stockholm, die das ohnehin schon gespannte beiderseitige Verhältniss nur noch verschlechterten, ohne dass preussischerseits ein greifbares, positives Resultat erzielt worden wäre. Denn einerseits vermochte Friedrich nicht rückhaltslos für seine Schwester einzutreten, wie er gern gewünscht hätte, da er sich ja am Vorabend eines Krieges befand und die beträchtliche Anzahl seiner offenen Feinde nicht noch vermehren durfte; andererseits kannte die schwedische Regierung den Umschwung in der französischen Politik und die kritische Lage Preussens recht gut und verbat sich daher energisch jeden „Discours über Dinge, welche bloss die innere Reichsverfassung berühren und allein der Beurtheilung der Reichsstände und Niemand anderes unterliegen“[5].

  1. Polit. Corr. XIII, 27.
  2. Der schwedische Gesandte Wulfwenstierna schreibt aus Berlin am 27. April an seine Regierung, es werde von den inneren Angelegenheiten Schwedens wenig gesprochen, „et, si le ministère m’en a entretenu encore, ce n’a été que pour me témoigner l’intérêt qu’on prend au maintien de notre constitution“. Stockh. Reichsarch.
  3. Vergl. die ausführliche Darstellung Malmström’s l. c. IV, 182 ff.
  4. Graf Podewils erklärte, sein Monarch erscheine ihm „extrêmement sensible à l’affront qu’il prétendait avoir été fait à la Reine Sa Soeur“. Bericht Wulfwenstierna’s v. 4. Mai. Stockh. Reichsarch.
  5. Vergl. die Instructionen des Canzleipräsidenten Höpken vom 21. und 28. Mai an Wulfwenstierna und den Bericht W.’s vom 5. Juni, dem obiges Citat entnommen. Stockh. Reichsarch.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 417. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_417.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)