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die Freigrafen betrachteten sie für ungültig, da jener seines Amtes verlustig gesprochen war. In der Urkunde, welche den Hergang zu Bodelschwingh berichtet, ist von Rube’s Spruch gar nicht die Rede, doch veranlasste Kaspar zur grösseren Sicherheit bald darauf, am 25. Februar, acht Freigrafen zu der schriftlichen Erklärung, der Waldeckische Freigraf sei seiner Würde beraubt und daher sein Urtheil ohne Kraft[1].

Trotzdem erkannte man einen Theil der von Kurt Rube vollzogenen Rechtshandlungen für gültig an, nämlich die von ihm erlassenen Ladungen an Heinrich. Das geschah offenbar desswegen, weil die Sache als vemewrogig erkannt war und Freigraf und Freischöffen, welche die Heischung gethan hatten, durch den über Rube verhängten Spruch nicht berührt waren. Hier lag nun der entscheidende Schwerpunkt des Verfahrens. Waren einmal die Ladungen ergangen, so blieben sie in dauernder Kraft, und ein Process konnte jeder Zeit, auch nach jahrelanger Unterbrechung, wieder aufgenommen werden, wenn der Beklagte sie verachtet hatte. Der Herzog hatte auf die dritte Forderung nach Fürstenberg seine Boten gesandt, welche das Gericht anerkannte. Aber dort war die Sache nicht zum Austrag gekommen, sondern eine Vermittlung in Aussicht genommen worden. Dieser hatte sich Törringer entzogen, aber er stellte seinen Richtern die Sache so dar, als sei der Tag zu Bonn für diese bestimmt gewesen, sich darauf stützend, dass er damals Gewalt habe befürchten müssen. Dann konnte allerdings die Meinung entstehen, Heinrich habe das Recht geweigert, er konnte als nicht erschienen, als der dritten Vorladung unfolgsam gelten. Törringer wird ohnehin die Dinge in einem ihm noch günstigeren Lichte dargestellt haben, und für die Freigrafen musste durchschlagend sein, dass Heinrich Kerstian, welcher einst die dritte Vorladung überbracht, ihm zur Seite stand und eidlich bekundete, dass Heinrich richtig geladen, aber nicht erschienen sei[2]. Er, der sicherlich genau wusste, wie alles stand, hat die Freigrafen irre geführt, und mag man auch die eigenthümliche Verwicklung der Umstände als mildernden Umstand betrachten, im Grunde genommen schwur er nichts anderes als einen Meineid. Für den

  1. Fr. 262.
  2. Das geht aus späteren Verhandlungen hervor, Fr. 266; vgl.Thiersch 70.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_074.jpg&oldid=- (Version vom 20.10.2022)