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welche ich mit Ew. E. heute früh[1] über deutsche Angelegenheiten zu haben die Ehre hatte, lege ich – bloss als Deutscher – einige Gedanken hin.

Je mehr ich denke, um so mehr fürchte ich, dass jetzt aus Deutschland – dies Volksgebiet in seinem ganzen Umfange genommen – etwas Tüchtiges nicht werden könne, und ich gehe weiter, behauptend, dass, weil der Grund meiner Zweifel in der lichten Erkenntniss der Unadäquatheit der Mittel zum Zweck, der Discrepanz der Elemente zum Sinn der Schöpfung enthalten ist, [es] besser gethan sei, das undankbare Werk eines Versuchs mit dem Unmöglichen besser nicht zu beginnen. Zu Deutsch: Der Sinn, welchen B[aiern] etc. durchblicken lassen, der Grund warum sie bloss eine Verbindung zur Vertheidigung gegen aussen wollen, ist wohl evident; und mit also Gesinnten ist es besser, sich nicht in ein Verhältniss zu setzen, welches den Namen eines Bundes nicht zu führen vermag, ohne seinem Wesen Eintrag zu thun. Denn allerdings wesentlich scheint mir der Unterschied zwischen einer Allianz und einem Bunde, einer Conföderation zu sein.

Wenn die erste zwischen unabhängigen Staaten, ohne durch organische Vorrichtungen ihrem Rechtsverhältniss Garantie zu geben, Verträge zu vorübergehenden Zwecken stiftet: so ist die Absicht, ist der Geist und Sinn der letzteren, wenn mich nicht alles täuscht, zwischen mehreren Staaten eine Einheit dauernd und durch Organisation von Rechtsinstituten zu begründen, sie aus dem Zustand bloss coexistirender, nur durch Macht oder nach Umständen auf einander influirender, lediglich nach wechselnden Interessen der Politik in Berührung kommender Staaten, in eine Gesammtheit zu bilden, in einen Staatenstaat zu formiren. Es liegt wohl unmittelbar in dem Begriff eines solchen, dass er das genaue Analogon eines einzelnen Staates insofern sei, als in ihm sich Verhältnisse und Bedürfnisse wiederholen, welche nothwendig in jenem stattfinden. Verhältnisse der Individuen im Staat zu einander und der Staaten im Staatenstaate gegenseitig sind sich gleich, und als Bedürfniss für beide zeigt sich theils die Gesetzgebung,

  1. Diese Aufsätze sind also am 6. April geschrieben, der voranstehende Brief am 7.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_284.jpg&oldid=- (Version vom 28.10.2022)