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in der Folgezeit – noch 1460 lagen in Eichstädt „Husiten“ im Kerker – und die hier vollständig durchgedrungene Verquickung des Waldensischen und Taboritischen Bekenntnisses habe ich an anderem Orte nachgewiesen[1].

Dem Zug der Böhmischen Grenze nach Norden folgend, finden wir auch im Voigtland, der Markgrafschaft Meissen und in den benachbarten Thüringischen und Obersächsischen Gebieten die Waldensische Secte heimisch. In Erfurt hatte schon Conrad von Marburg 1232 Ketzer verbrannt[2]; nach langem Zwischenraume hören wir dann wieder im Jahre 1318 von der Bestellung von Inquisitoren für die Diöcese Meissen, deren bereits

  1. Religiöse Secten in Franken S. 28 ff.; Husit. Propaganda in Deutschland (Histor. Taschenbuch 6. Folge 7. 1888) S. 248 f. Vgl. Riezler, Geschichte Baierns III, 805. Ueber Bartholomäus Rautenstock vgl. Döllinger, Beiträge zur Sectengeschichte des Mittelalters II, 626 ff. Darnach ist der wohl aus der Gegend von Burgbernheim (zwischen Würzburg und Ansbach) stammende Rautenstock in Prag bei „Meister Peter von Dressen und einem Meister Niklas genannt, einem halben Meister, Schulmeister und Lehrer“ in die Schule gegangen, von welchen er seinen Unglauben und Ketzerei gelernt zu haben angibt. Von dem Prager Weihbischof Hermann erhielt er um 1417 auf der Burg Lipnic, wo jener damals von den Husiten gefangen gehalten wurde (Frind, Kirchengeschichte Böhmens III, 64), die Priesterweihe und war ein Jahr lang „zum See“ als Husitischer Geistlicher thätig. Angeblich weil ihm sein Gewissen wegen seiner Priesterweihe Vorwürfe machte, gab er den Priesterstand auf, verheirathete sich und zog mit seiner Frau nach Burgbernheim, wo er zehn Jahre blieb; nach dem Tod seiner Frau kehrte er wieder nach Böhmen zurück, von wo er zuweilen in Begleitung seines erwachsenen Sohnes, wiederholt sich nach Franken aufmachte. Etwa zwischen 1440–1450, als er eben von Tirschenreuth über Kemnat, Pegnitz, Nürnberg und Burgbernheim nach Eibelstadt bei Würzburg gewandert war und von da über Nürnberg wieder seinen Rückweg nach Böhmen nehmen wollte, wurde er unterwegs, wahrscheinlich in Burgbernheim, aufgegriffen und gefangen gesetzt. Als sein Glaubensgenosse wird sein Schwager Heinz Weingarten, vermuthlich aus Burgbernheim, als sein Freund ein Schneider aus Rothenburg genannt; auch in den von ihm auf seiner Reise berührten Ortschaften ist er offenbar von Glaubensgenossen, die er nicht verrathen will, beherbergt worden. Die ihm zur Last gelegten Ketzereien sind die bekannten Waldensisch-Taboritischen: Verwerfung des Fegfeuers, der Fürbitte und Verehrung der Heiligen, Bekämpfung des Ablasses; Taboritisch ist die Forderung des Laienkelches und die Verwerfung der Ohrenbeichte.
  2. Chron. Erf. bei Boehmer, Fontes rer. Germ. II. 389. Trithem. Chron. Hirsaug. ad a. 1232.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 352. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_352.jpg&oldid=- (Version vom 31.10.2022)