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sie aber weder zum geheimen, noch zum Kriegsrath gehörte. Denn um zu erfahren, ob es mit der Absicht eines Türkenkrieges ernst sei, musste der Mann sich bei „den vornehmen Ministern des Kaisers“ erst erkundigen (S. 35). Ueberhaupt scheint er nicht zu den Beamten am Hof des Kaisers gehört zu haben; denn niemals, wenn er von diesem Hof, den er wegen seiner Corruption verachtet[1], spricht, braucht er eine Wendung, die auf seine Zugehörigkeit zu demselben schliessen lässt, und das rücksichtslos freie Urtheil, welches er über den unselbständigen, weichen und thatenscheuen Kaiser fällt[2], verräth nichts weniger als einen hofmännischen Charakter. Auch den am Hof so mächtigen Jesuiten, besonders dem kaiserlichen Beichtvater Lamormain[3], ist er nicht günstig gesinnt. Sehr vertraut sind dagegen seine Beziehungen zum Spanischen Gesandten Aytona. Denn wenn wir in einem Bericht des letzteren vom 12. Februar 1628 lesen: „der Herzog von Friedland ist jetzt allgebietender Herr (dueño de todo), dem Kaiser gewährt er nichts als bloss den Namen (solo el nombre)“[4], und dann aus dem Bericht des Anonymus (S. 32) vernehmen: „der Spanische Gesandte hat nach Hause geschrieben, Friedland habe den Kaiser derart seiner Autorität entkleidet, dass er ihm bloss den Namen (solo il nome) gelassen hat,“ so ist klar, der Gesandte hatte dem Anonymus von seinem Bericht Kenntniss gegeben. An einer anderen Stelle erzählt der Anonymus, wie der zur Römischen Königswahl erforderliche Kurfürstenconvent dadurch gehindert werde, dass Wallenstein Gebiete des Kurfürsten von Sachsen mit Truppen belegt habe, und dieser nun die Besuchung der Tagsatzung verweigere: dem Kaiser wie dem Spanischen Gesandten habe Wallenstein erklärt, die Kurfürstenversammlung sei gar nicht im kaiserlichen Interesse (S. 40).

  1. Sendo quella corte venalissima S. 29.
  2. S. 43.
  3. Seinem Einfluss gibt er die Hingabe des Kaisers an Wallenstein schuld, und diesen Einfluss hat Wallenstein durch vollzogene und in Aussicht gestellte Schenkungen an den Jesuitenorden gewonnen. (S. 27.) – Ueber die dort erwähnte Zuwendung der Kirche St. Nikolaus in Prag und Wallenstein’s Schenkung für das neu gegründete Collegium vgl. Historia societatis Jesu VI, 2 (Cordara) a. 1626 Nr. 89 ff. Ueber die von ihm in dem unterworfenen Norddeutschland für die Jesuiten in Aussicht genommenen Gründungen vgl. sein Schreiben vom 29. Mai 1629 bei Gindely II S. 184.
  4. Gindely I S. 368 Anm. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_044.jpg&oldid=- (Version vom 5.12.2022)