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gefunden zu haben, die von dem Staate des Alterthums zu dem Staate der Neuzeit hinüberfuhrt.

So entstand die vorliegende Arbeit.

Weitere Ermittelungen ergaben dann, dass sich der Bailli in Spanien und Frankreich, in England, ja sogar in Deutschland und in Polen nachweisen lässt, und zwar so, dass aus dem Vorkommen des Namens bajulus in verschiedenen Ländern auf eine Uebertragung von Verfassungsinstitutionen nicht zu schliessen ist.

Bajulus ist ein vulgär-lateinisches Wort, es bedeutet den Pfleger, bajula ist die Amme, die das Kind pflegt, bajulus auch der Erzieher der Kinder und der Vormund, dann weiterhin derjenige, dem ein Auftrag zur pflegsamen Ausführung anvertraut wird, z. B. der Briefträger, der Dienstmann, schliesslich derjenige, dem ein Land oder Volk zu Schutz und Pflege anvertraut wird, der Landpfleger. Bajulus entspricht dem in Deutschen Quellen üblichen Vogt, es wird ebenso wie dieses Wort sowohl für das persönliche Verhältniss des Vormunds zum Mündel, als zur Bezeichnung des Beamten in seinem Verhältniss zu dem seiner Pflege (bajulia) anvertrauten Volke, als auch zur Bezeichnung eines obersten Schutzherrn verwendet. In diesen Bedeutungen lässt sich das Wort in Italien, Spanien, Frankreich und England, und zwar schon in frühen Documenten nachweisen, die die Möglichkeit einer Uebertragung des Sprachgebrauchs ausschliessen.

Bei diesen Forschungen traten sehr verschiedenartige Formen der Amtstechnik zu Tage: Collegialität der Beamten, jährlicher Wechsel, kurze Amtsdauer, Anstellung auf Lebenszeit, Pacht des Amtes und feste Besoldung, die Bestimmung, dass der Beamte nicht aus dem Orte stammen durfte, da er seines Amtes waltete, und wiederum die entgegengesetzte Bestimmung kehrte zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten wieder; und zwar so, dass eine Uebertragung ausgeschlossen schien. Wiederum solche Erscheinungen der Amtstechnik, welche man geneigt ist für specifisch feudal zu halten: Erblichkeit des Amtes, Besoldung durch einen Antheil aus dem Ertrage des Amtes fanden sich zu Zeiten entwickelter Geldwirthschaft.

Die Voraussetzung, dass es ein Amtsrecht für die Periode der Geldwirthschaft und ein anderes für die Periode der Naturalwirthschaft gibt, hat sich nicht bestätigt. Auch unter der Herrschaft

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_024.jpg&oldid=- (Version vom 13.10.2022)