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Mit diesem Amte hätte nur Jemand betraut werden können, der seit lange dem Mailänder Rathe angehörte. Die Zugehörigkeit zum Rathe setzte Ortsangehörigkeit voraus. Letztere aber wurde nur für besondere Verdienste und zwar, den Mailänder Statuten vom Jahre 1211 zu Folge, an Auswärtige erst nach 30jährigem Aufenthalte verliehen. Cermenate aber sei im Jahre 1313 nur etwa 39 Jahre alt gewesen.

Jener ganze scheinbar so sichere Beweis nun stürzt in sich zusammen, auch wenn wir von der ganz willkürlichen Ansetzung von Cermenate’s Lebensalter absehen, durch eine einfache Erwägung: Cermenate ist damals, im Jahre 1312, nicht in Folge seiner Zugehörigkeit zum Rathe, dessen Mitglied er allerdings zu jener Zeit schon gewesen sein dürfte, nach Lodi geschickt worden, sondern, wie er selbst sagt (Cap. XLV p. 101), „ut syndicus“; das heisst in jenem Zusammenhange als „rechtskundiger Beirath“, eben als Notar[1]. In der That ist denn auch nicht er, sondern sein Mitgesandter Francesco da Garbagnate der Sprecher in Lodi. Dass ferner in jenen kampferfüllten Zeiten der Romfahrt Kaiser Heinrich’s VII. auf Bestimmungen der Statuten von 1211 wenig oder gar keine Rücksicht genommen wurde, bedarf nicht des Beweises. Jener Francesco da Garbagnate selbst war erst durch Matteo Visconti im Jahre 1311 in Mailand zu Ansehen gelangt, vorher hatte er als wenig bekannter Ghibellinischer Flüchtling in Padua gelebt (vgl. Cap. XVI p. 30).

Was übrigens die Rathsangehörigkeit unseres Chronisten betrifft, so dürfte er, wie sein Freund Francesco da Garbagnate, im Jahre 1311 oder 1312 durch den Visconti in den Rath gelangt sein, sicher nicht früher, denn 1302 bis Ende 1310 waren in Mailand die Guelfen am Ruder, die ein sehr straffes Regiment führten und Männer von so ausgesprochen Ghibellinischer Gesinnung wie Cermenate schwerlich in den Rath gelangen liessen.

Wenn Ferrai p. xvj noch die „tradizione costante degli storici posteriori“ für die Mailänder Geburt Cermenate’s in Anspruch nimmt, so ist oben am Beispiele des Giovio gezeigt, welcher Art diese „Tradition“ ist. Ferrai selbst führt keine Belegstellen an, abgesehen von dem schon erwähnten Citat aus Argelati, das uns ausser dem Namen des Vaters gar auch das Geburtshaus unseres Chronisten kennen lehren will. An jener Stelle dürften Bestandteile verschiedener[WS 1] Art und, wie erwähnt, von sehr ungleicher Zuverlässigkeit durcheinander gearbeitet sein; diese müssten auf kritischem Wege gesondert

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: verschie-schiedener
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_163.jpg&oldid=- (Version vom 20.12.2022)
  1. In derselben Eigenschaft kann er auch von den Gewaltthätigkeiten des Vicars Niccolò de’ Buonsignori, welche er Cap. XIX p. 42 ff. beschreibt, die persönliche Anschauung gewonnen haben, welche ihm Ferrai zuschreibt.