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man im Lager die nächsten Vorbereitungen dafür traf, bot plötzlich Frithigern unerwartet einen Vergleich.

Im Gothischen Kriegsrath hatte gerade die entgegengesetzte Meinung wie im Römischen geherrscht, und auch hier hatte der Führer gegen dieselbe nach seinem eigenen besseren Wissen entschieden. Frithigern war sich des Werthes seiner Stellung wohl bewusst, aber gegenüber dem stürmenden Kriegseifer seiner Schaaren wollte er in ruhiger Erwägung eine unnöthige, blutige Entscheidung mit einem grossen, trefflich gerüsteten Römischen Heere nicht heraufbeschwören. Auch für ihn und sein Volk stand alles auf dem einen Wurf!

Frithigern versprach gegen Anweisung fester Sitze in Thracien ewigen Frieden. Aber Valens wies den Gesandten, einen Arrianischen Presbyter – man hat an Ulfilas gedacht – ab; er traute ihm nicht, und noch hoffte er auf Sieg[1].

So brach der Morgen des 9. August, des denkwürdigen Tages an[2]. Alles war zur Schlacht vorbereitet: das Gepäck blieb unter dem Schutze der Besatzung im Lager vor Adrianopel, Kriegskasse und Kronschätze waren in der Stadt selbst untergebracht worden; man wusste, dass man einen Kampf kämpfte auf Tod und Leben.

Mit dem ersten Morgengrauen setzten sich die Truppen in Bewegung und erreichten nach einem vierstündigen beschwerlichen Marsch ihre Stellungen. Niemand wagte den Aufmarsch zu stören: nur von Ferne erschaute man die mächtige Gothische Wagenburg und hörte die rauhen, schwermüthigen Kriegsgesänge der Germanen. Der rechte Römische Flügel, im ersten Treffen

    IV, 24; Theophanes S. 65 f. de Boor. Erfunden ist die Nachricht, dass Gratianus die Hilfeleistung abgelehnt habe (Zonaras XIII, 17, Mich. Glykas S. 473 ed. Bonn.). – Das Eintreffen Richomer’s muss, da sich der entscheidende Kriegsrath, der am 8. August gehalten worden ist, unmittelbar anschliesst, auf oder kurz vor diesen Tag fallen.

  1. Ammianus 12, 8. 9, vgl. 14 suo misit arbitrio.
  2. Das Datum ist gesichert durch Ammianus 12, 10, Socrates IV, 38 und die Fasti (Idatiani) z. J. 378. Ausserdem wird dasselbe bestätigt durch Ammianus’ Worte nullo splendore lunari nox fulgens (13, 11), denn der astronomische Neumond trat am 9. August 8 Uhr Abends bürgerlicher Zeit von Adrianopel ein; deutlich sichtbar wurde die Mondsichel erst in der Abenddämmerung des 11. August. Ich verdanke diese Berechnung meinem Freunde Walter Wislicenus in Strassburg.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_015.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2023)