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jedem Verkehr mit den Soldaten entzogen, den Oberbefehl führte an seiner Statt sein Gardepräfect und Schwiegervater Aper. Als man in der Nähe von Nicomedia angelangt war[1], glaubten einige zu bemerken, dass aus der Sänfte, die noch immer das Heer begleitete, Leichengeruch hervordringe; man riss sie auf und fand den Kaiser todt[2]. Dass Aper der Mörder sei, stand der aufgeregten Menge ohne Weiteres fest; keiner dachte an die naheliegende Möglichkeit, dass Numerian eines natürlichen Todes gestorben sei und sein Schwiegervater dies nur verheimlicht habe, damit das führerlose Heer sich nicht zu übereilten Schritten hinreissen lasse. Der Kaisermord war eben so sehr zur Regel geworden, dass man ihn in einem zweifelhaften Falle wie dieser als selbstverständlich betrachtete. Drohend forderte das Heer Gericht und Rache für den Sohn des siegreichen Carus. Doch auf gesetzlichem Wege war dieser Wunsch nicht so bald zu erfüllen, wie die Ungeduld der wilden Massen es erheischte. Denn über den Präfecten gab es keinen Richter als den Kaiser, und dieser war jetzt in dem fernen Italien; Monate mussten vergehen, ehe man zu ihm gelangte. Und wer wusste, ob nicht Carinus mit Aper unter einer Decke spielte: sein Ruf war nicht der beste und der Mitregent mochte ihm lästig sein. An angestifteten Hetzern, welche solche Gerüchte verbreiteten und die Aufregung schürten, wird es kaum gefehlt haben. So kam es denn wieder einmal zu einer Militärrevolte, wie sie damals zu den alltäglichen Erscheinungen gehörten. Um nicht die Rache für den einen Sohn des Carus in ungewisse Ferne hinausgerückt zu sehen, wurde das Heer zum Verräther an dem andern und forderte eine neue Kaiserwahl. Seinem Willen gehorsam traten die Offiziere zusammen und vereinigten ihre Stimmen, wie natürlich, auf denjenigen , welcher unter ihnen den höchsten Rang bekleidete[3]. Diocletian wusste schnell und summarisch Gericht zu halten, wie es der Leidenschaft der Soldatesca entsprach. Als er sich zum ersten Mal in kaiserlichem Schmucke dem Heere vorstellte und

  1. Zosim. I 73, 2.
  2. Eutr. IX 18, 2; Vict. Caes. 38, 6; epit. 38, 4; Zon. XII 30; Vit. Car. 12.
  3. Vict. Caes. 39, 1 schreibt zwar, Diocletian sei ducum consilio tribunorumque ob sapientiam gewählt worden, aber da er nach Aper die höchste Stelle im Heere einnahm, hätte sich seine Wahl von selbst verstanden, auch wenn er nicht für weise gegolten hätte. In dieser Zeit pflegen heidnische Schriftsteller die Weisheit der heidnischen Kaiser zu preisen, christliche die der christlichen; solche Zeugnisse haben daher gar keine Bedeutung.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_043.jpg&oldid=- (Version vom 27.1.2023)