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daher Imperator, was damals ungefähr dasselbe bedeutete, aber einerseits prächtiger klang, andererseits minder durchsichtig war. Der Feldherr, welcher kraft eigener vom Volke verliehener Macht, nicht im Auftrage eines andern, höher Gestellten, einen Sieg errang, pflegte nach demselben mit diesem Titel begrüsst zu werden; in der Regel galt er als ein Vorzeichen des künftigen Triumphes. In der Republik haben ihn Consuln und Prätoren eben so oft erhalten, wie Proconsuln und Proprätoren; jedem, der ein selbständiges Commando führte, war er erreichbar. Erfocht dagegen ein Unterfeldherr in Stellvertretung seines Vorgesetzten einen Sieg, so wurde nicht er selbst, sondern sein Auftraggeber Imperator. Dieser uralte Rechtssatz erklärt sich aus dem frommen Sinne der früheren Zeit, welcher das Kriegsglück als göttliche Gnade, nicht als Verdienst des Führers anzusehen gewohnt war. Da die Auspicien immer bei dem Höchstcommandirenden ruhten, so konnte auch nur er es sein, dem die Götter Sieg gewährten, nicht das Werkzeug, dessen er sich zufällig bediente. Als nun im Anfange des ersten Jahrhunderts alle Provinzen, in denen eine nennenswerthe Heeresmacht stand, allmählig den Händen des kaiserlichen Proconsuls übergeben und folglich alle Kriege entweder durch ihn selbst oder in seinem Auftrage und unter seinen Auspicien geführt wurden, war er auch der einzige, welcher noch Imperator werden konnte. Obgleich dieser Titel unter Augustus und Tiberius noch von mehreren senatorischen Proconsuln errungen war, wurde er so schon eine Generation später zum eigentlich characteristischen Abzeichen der Kaisergewalt, mit Recht, da sich nur in ihm die Feldherrnstellung des Herrschers ausdrückte, welche der Kern seiner Macht war.

In der Republik wurde der Imperatorentitel auf zweierlei Weise verliehen: entweder der Senat liess in dem Schreiben, durch welches er die Siegesbotschaft beantwortete, den Feldherrn damit anreden, oder die Soldaten begrüssten ihn damit durch lauten Zuruf gleich auf dem Schlachtfelde. Beide Formen galten als gleichberechtigt; da es sich hier nur um einen leeren Titel handelte, der dem Beamten kein neues Recht gewährte, schien die Concurrenz ungefährlich. Seit Claudius änderte sich dies; wer jetzt durch die imperatorische Acclamation geehrt wurde, dem war damit die wichtigste Machtbefugniss der kaiserlichen Gewalt beigelegt. Nichtsdestoweniger blieb der alte Rechtssatz bestehen, dass Senat und Heer dazu in gleicher Weise competent seien.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_054.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2023)