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sie hatten, so heisst es, unbeschränkte Aufträge, hatten Vollmacht und Siegel ihres Herrn, und so ist also schon damals von Rudolf durch sie sein Verzicht in aller Form ratificirt worden. Dies ist aber unmöglich richtig, wenn ihre Vollmachten damals doch nicht einmal ausreichten, um auch nur Kurtrier in den kurfürstlichen Bund aufzunehmen[1]. Somit ist also der Frankfurter Rath getäuscht worden hinsichtlich der Vorgänge des September, und, wenn man ihm die Urkunden der Absetzung und Neuwahl schriftlich gab, so hat man ihm die vom Sept. 1399 doch nur mündlich mitgetheilt, damit der Betrug nicht allzu leicht entdeckt werden konnte. Es ist natürlich darauf gerechnet, dass die Frankfurter jene Vorgänge nicht kannten, und die Heimlichkeit, mit der die Dinge behandelt worden waren, erklärt das[2]. Aber nicht bloss diese Eine Stadt wurde in solcher Weise belehrt, der königliche Notar Matthias Sobernheim sorgte durch seinen Brief an den Stadtschreiber Wernher Spatzinger[3] dafür, dass auch in Strassburg die Hergänge so aufgefasst wurden, und so geschah es gewiss auch anderwärts, und er hat es sicher im Auftrag des neuen Königs gethan. Aber wenn Spatzinger seine Darstellung als eine ungeschmückte und kunstlose bezeichnet[4], so ist sie in Wirklichkeit das gerade Gegentheil davon, wohl überdacht und hergerichtet. Es war die officielle Auffassung, wie man sie verbreitet wünschte und wirklich verbreitete.

Damit hängt dann die Art zusammen, wie Sobernheim den Frankfurter Tag vom Mai und Juni 1400 erzählt. Da der Kurfürst von Sachsen im Sept. 1399 zu Mainz auf die Candidatur verzichtet haben sollte, redet er von dieser natürlich kein Wort, obschon sie eben in Frankfurt so offen hervortrat, dass sein Abfall von der Verschwörung erfolgte und sich durch seine Abreise manifestirte. Auch dieser Abfall und die verdriessliche Abreise werden nicht erwähnt, alles muss verschwiegen werden was dahin gehört. Bei der nach der letzteren erfolgenden Einladung nach Oberlahnstein wird daher ausser den vier Rheinischen Kurfürsten, die in Wirklichkeit die Citation allein ausgaben, auch Sachsen noch betheiligt, denn es sind bei Sobernheim fünf Kurfürsten[5], welche die Citation ausgeben. So entsteht nun der

  1. Siehe [in dieser Zeitschrift 3, 137].
  2. Königshofen in Hegel’s Ausgabe St. Chr. 8, 496: und gingent die kurfürsten also heimeliche zů rote, das die andern herren und aller stette botten nüt wustent, werumb sü do werent oder was men tůn wolte.
  3. RTA. 3 Nr. 231.
  4. Ibid.: licet istam dem vobis rudem et grossam informacionem, peto michi non imputare pro malo.
  5. RTA. 3, 288, 33–289, 5: venerunt quinque – – –, tractarunt ibi – – –, decreverunt – – –, citaverunt et vocaverunt eciam suis patentibus literis ducem Saxonie – – –.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_146.jpg&oldid=- (Version vom 1.12.2022)