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ihrem Gotte für die Genesung des Kaisers beten könnten. Es war die letzte Regierungsthat des Sterbenden; wenige Tage nach Erlass des Toleranzedictes wurde er von den Schmerzen befreit, die ein ganzes Jahr lang seinen Leib verzehrt hatten (Mai 311)[1]. Die Zurüstungen für seine Vicennalien, zu deren prächtiger Begehung er unter grausamem Steuerdruck die Summen zusammengetrieben hatte, waren vergebens gewesen[2].

Der Unglückliche, welcher nach einem ruhelosen Leben jetzt endlich Frieden fand, hatte sich übermüthig in der Macht, kleinmüthig in der Bedrängniss erwiesen. Er hatte durch Aberglauben und Selbstsucht viel Blut und Elend über das Reich gebracht; aber in seinen letzten Jahren war er doch der Einzige gewesen, der die auseinanderfallenden Theile desselben noch einigermassen zusammenhielt. Die Autorität ihres Aeltermannes hatten wenigstens drei Augusti anerkannt; jetzt stand jeder auf sich allein und spähte, wie er seine Macht auf Kosten der anderen vergrössere. Kaum war die Nachricht von dem Tode des Galerius in den Orient gedrungen, so durchflog Maximinus mit der Eilpost die Provinzen von Asien und Pontus, um sie für sich in Besitz zu nehmen. Die Unterthanen gewann er durch Steuernachlässe; den Soldaten gegenüber wird er es an Geschenken nicht haben fehlen lassen. Licinius, dem mit dem Augustustitel nur ein Theil der Donauprovinzen und die leere Anwartschaft auf das Gebiet des Maxentius zugefallen war, hatte jetzt die Erbschaft des Galerius antreten zu können gemeint, als er sich plötzlich die reichere Hälfte derselben vorweggenommen sah. Mit dem Donauheere eilte er herbei, um seine Rechte zu wahren. Die Creaturen des Verstorbenen standen sich an beiden Ufern des Bosporus kampfbereit gegenüber. Aber jeder scheute den Uebergang und zum Schlusse wurde ein Vertrag auf Grund des thatsächlichen Besitzstandes geschlossen, den keiner der Contrahenten dauernd aufrecht zu erhalten gedachte[3]. Die Theile des Reiches, welches noch immer als ein einheitliches gelten sollte, verhielten sich auch ferner zu einander wie kriegführende

  1. Lact. de mort. pers. 33–35; Anon. Vales. 3, 8; Zos. II, 11; Vict. Caes. 40, 9; epit. 40, 4; Zon. XII, 34: Euseb. hist. eccl. VIII, 16, 4 ff.; vita Const. I, 57; Hydat. fast. a. 311.
  2. Lact. de mort. pers. 31; 35.
  3. Lact. de mort. pers. 36; 43; Euseb. h. e. IX, 10, 2.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_301.jpg&oldid=- (Version vom 2.2.2023)