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Als Galerius ihm sein Toleranzedict zuschickte, hatte Maximin nicht gewagt, dem Befehl des ältesten Augustus den Gehorsam zu versagen. Seiner Unzufriedenheit gab er nur dadurch Ausdruck, dass er das Gesetz in seinem Reichstheil nicht durch öffentlichen Anschlag publiciren liess und nur durch ein Rundschreiben seines Präfecten, nicht durch eigene Verordnung, den Provinzialbeamten die Einstellung der Christenprocesse anbefahl[1]. Aus Bergwerken und Kerkern entlassen, wurden die Märtyrer jubelnd von den Glaubensgenossen in ihren Heimathstädten eingeholt; wieder füllten sich die Kirchen, und die Abgefallenen suchten demüthig um Vergebung nach[2]. Da kam die Nachricht von dem Tode des Galerius, und alsbald reute den Maximin seine Nachgiebigkeit; doch wollte er sich nicht die Blösse geben, die eben erst erlassene Verordnung ohne Weiteres zurückzunehmen. Um sich dazu einen Vorwand zu schaffen, veranlasste er schon im Herbst 311[3] den Stadtrath von Nicomedia, wo er sich damals aufhielt[4], dass er durch eine Deputation dem Kaiser die Bitte vortragen liess, er möge die Christen, welche die Opfer und Culthandlungen der Götter durch ihre Anwesenheit befleckten, aus dem Stadtgebiete ausweisen[5]. Mit Freuden kam der Kaiser diesem Wunsche entgegen und überhäufte zum Danke seine Residenz mit Wohlthaten, was natürlich entsprechende Bittgesuche auch von anderen Gemeinden hervorrief[6]. So brach die Verfolgung auf’s neue über den unglücklichen Orient herein. Das Verbot, die Christen um ihres Glaubens willen hinzurichten, blieb zwar bestehen, doch wurden sie nicht nur aus dem Umkreis zahlreicher Städte verbannt, sondern vielen liess man ein Auge ausreissen, andern einen Fuss oder eine Hand, die Nase oder die Ohren abschneiden[7]. Eifrige Diener des Kaisers nahmen es auch mit dem Verbote der Tödtung nicht gar zu genau, und Uebertretungen desselben wurden nicht ungern

  1. Euseb. hist. eccl. IX, 1, 1.
  2. Euseb. l. c. IX, 1, 9 ff.
  3. Die Toleranz dauerte nach Eusebius (h. e. IX, 2) nicht volle sechs Monate.
  4. Euseb. h. e. IX, 6, 3.
  5. Brief des Maximin bei Euseb. h. e. IX, 9, 4.
  6. Lact. de mort. pers. 36; Euseb. h. e. IX, 2–4; 7, 2; 6.
  7. Lact. de mort. pers. 36; Euseb. hist. eccl. VIII, 12, 10; 14, 13; vita Const. I, 58.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 328. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_329.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)