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verzichten. Doch forderte er die Absetzung des Valens und die Uebergabe von ganz Illyricum, wogegen Licinius Thrakien und die östlichen Provinzen behalten sollte. Der Gesandte, welcher durch Drohungen und langes Hinhalten mürbe gemacht war, willigte in alles, und auch sein Auftraggeber wagte nicht, Nein zu sagen[1]. Licinius selbst liess seinen kaum ernannten Mitregenten hinrichten, was Constantin gar nicht verlangt hatte[2][WS 1], und dieser gebot unbestritten über drei Viertel des Römerreiches[3]. Ob und wann er das vierte auch noch erobern wolle, blieb jetzt, wo die erdrückende Uebermacht auf seiner Seite war, seinem Willen anheimgegeben. Dass er beinahe zehn Jahre damit gewartet hat und nicht früher zum Schwerte griff, als bis die Christenverfolgung des Licinius seine heiligsten Gefühle verletzte, ist wahrlich kein geringes Zeichen seiner Friedensliebe.

Im December wurde der Vertrag abgeschlossen[4] und am 1. Januar 315 verkündete wieder ein gemeinsames Consulat der beiden Kaiser den Unterthanen des Reiches die wiederhergestellte Eintracht[5]. Der Preis dafür war die vollständige Zerreissung der Reichseinheit, welche Constantin bisher mit so viel Opfern aufrecht zu erhalten gesucht hatte. Jeder Kaiser gab Gesetze, doch galten sie nur in seinem Reichstheil[6]; jeder prägte sein Geld nach einem andern Münzfusse[7]; jeder hatte sich verpflichtet, die Grenzen des andern nicht mit Heeresmacht zu überschreiten, so dass sogar Unterstützung gegen Barbareneinfälle ausgeschlossen war. Das Römische Reich hatte sich in zwei gesonderte Staaten aufgelöst, die sich gegenseitig misstrauisch beobachteten. Freilich war dies nur private Verabredung der Herrscher; officiell kam es nicht zum Ausdruck. Die Statuen Constantin’s standen überall noch neben denen des Licinius; alle Münzstätten prägten mit den Bildnissen von beiden; dieselben Consuln wurden in den

  1. Anon. Vales. 5, 18; Petr. Patric. ed. Bonn. p. 128.
  2. Vict. epit. 40, 9: Valens a Licinio morte multatur. Dass Constantin nur die Absetzung, nicht den Tod des neuen Gegenkaisers gefordert hatte, berichten übereinstimmend der Anonymus Valesianus und Petrus Patricius, die einzigen Zeugen, welche wir für diese Verhandlungen besitzen.
  3. Zos. II, 20, 1; Eutrop. X, 5; Sozom. I, 6.
  4. Zeitschr. f. Rechtsgeschichte X, S. 183.
  5. Anon. Vales. 5, 19.
  6. Cod. Theod. XV, 14, 1. Zeitschr. f. Rechtsgesch. X, S. 179.
  7. Zeitschr. f. Numismatik XVII, S. 45; 149 ff.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage (in der Anmerkung): Anoymus
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_345.jpg&oldid=- (Version vom 4.2.2023)