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unbewusst, nicht tiefer geschaut, hat es namentlich unterlassen zu zeigen, dass das Verfahren der Staatsgewalt bis zu einem gewissen Grade und trotz der daraus erwachsenen Missbräuche ein berechtigtes war. Ohne diesen Eingriff hätte sich wohl die bürgerliche Gesellschaft nie entwickeln können, und wäre wohl die christliche Welt für immer der Herrschaft einer internationalen Theokratie anheimgefallen.

10. Jahrhundert. K. Schultess’ „Papst Silvester II. als Lehrer und Staatsmann[1] bietet eine gute Biographie Gerbert’s. Der Verfasser schliesst sich in den meisten strittigen Fragen den Ansichten J. Havet’s, des letzten Herausgebers der Briefe des berühmten Staatsmannes, an. Nur in einem Punkte, der Zeit der Eröffnung der Feindseligkeiten zwischen Hugo Capet und Karl von Lothringen, weicht er von ihm ab. Doch hält Havet in einer Anzeige des Buches in der Revue Historique[2] seine Ansicht darüber aufrecht.

Im Jahre 972 liess Erzbischof Adalbero von Reims durch seine auf dem Concil zu Mont-Notre-Dame en Tardenois versammelten Prälaten eine Urkunde bestätigen, die er für das Kloster Mouzon ausgestellt hatte. Den Text dieser Urkunde kannte man bereits aus dem Fortsetzer des Flodoard und dem Chronicon Mosomense. Kürzlich hat nun F. Lot eine alte Abschrift davon in der Nationalbibliothek[3] aufgefunden. Eine sorgfältige Untersuchung führte jedoch zu dem Resultat, dass hier nicht eine genaue Uebertragung des Originals, sondern nur eine unzuverlässige und von einem Fälscher beliebig geänderte Abschrift vorliege. Der Aufsatz enthält ausserdem treffliche Bemerkungen zu Richer’s Bericht über das Concil zu Mont-Notre-Dame sowie einen Versuch, denselben mit dem des Chronicon Mosomense in Einklang zu bringen.

Das Datum der Krönung der Könige Hugo und Robert war bisher nicht genau bekannt. Eingehendes Quellenstudium veranlasst jetzt J. Havet, die Angaben der seiner Zeit von Pithou herausgegebenen Chronique de Fleury zu verwerfen und die Krönung Hugo’s zu Noyon auf den 1. Juni 987 und diejenige Robert’s in Orléans auf den 30. Dezember desselben Jahres anzusetzen[4].

Für das 11. Jahrhundert erwähnen wir die von Wattenbach[5] herausgegebenen Latein. Gedichte einiger Französischer Geistlichen (Odo d’Orléans, Bischof von Tournai, Gottfried von Reims, Baudri von Dol, Paganus von Angers). Es ist bekannt, dass solche scheinbar ganz unbedeutende literarische Erzeugnisse nicht selten werthvolle historische Nachrichten enthalten.

  1. Vgl. Bibliogr. ’91, 2187.
  2. RH 47, 155.
  3. Vgl. Bibliogr. ’91, 2179 i.
  4. Vgl. Bibliogr. ’91, 2179 d.
  5. Vgl. Bibliogr. ’91, 1520.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 432. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_433.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)