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kann gewiss nicht Wunder nehmen, ebenso wenig, dass vor allem die Mediciner als Träger und Apostel einer Weltanschauung auftraten, die ihrer auf sinnliche Erfahrung angewiesenen Disciplin bequeme Anknüpfung und zugleich einen grossartigen Hintergrund bot. Denn Astrologie und Averroismus hingen innig zusammen; ihren eigentlichen Hochsitz hatten sie in der Universität Padua. Dort fanden in Rücksicht auf die Philosophie nicht nur Venedig, sondern auch Bologna und Ferrara ihren geistigen Nährboden, und noch im 16. Jahrhundert genoss der Lehrstuhl der Astrologie seines alten Ansehens[1].

Es wäre sehr überraschend, wenn von all diesem Treiben in der Geschichtschreibung jener Zeiten sich keinerlei Niederschlag zeigen würde. In der That sehen wir nicht gerade die Mehrzahl der Italienischen Chronisten, wohl aber einige der bedeutendsten mehr oder weniger astrologischen Neigungen huldigen. Während in vielen Aufzeichnungen die Vorliebe Friedrich’s, Manfred’s, Ezzelino’s für die Sterndeuterei entschieden verurtheilt oder wenigstens nicht offen gebilligt wird[2], lässt es sich z. B. der Paduanische Notar und Professor Rolandino († 1276) nicht nehmen, einzelne Massnahmen des Kaisers und Ezzelino’s, die nach astrologischer Vorschrift getroffen wurden, kunstgerecht auf ihre Fehlerhaftigkeit hin zu untersuchen; so tadelt er, dass Friedrich bei der Gründung seiner „Siegesstadt“ Vittoria über

  1. Vgl. G. Libri, Hist. des sciences mathém. en Italie II, 53 f.; E. Renan, Averroès³ p. 322 ff.; Mabilleau, Etude hist. sur la philos. de la renaissance en Italie (Paris 1881), p. 91 ff. Im Etat für die verschiedenen Fächer an der Universität Florenz erscheint der Lehrstuhl der Astrologie meist neben den Hauptdisciplinen ziemlich bescheiden dotirt (so z. B. 1451 neben 440 fl. für bürgerliches, 300 für kanonisches Recht, 350 für Rhetorik und Poesie: für Astrologie 40 fl.; immerhin doppelt soviel als für Institutionen oder Logik), vgl. Gherardi, Statuti della università di Firenze (Documenti di storia ital. VII, Flor. 1881, p. 261; auch sonst zu vgl.); unter den astrol. Professoren erscheint auch ein Bischof von Philadelphia aus dem Dominicanerorden, p. 294. Ueber Professoren der Astrologie an der Universität Piacenza vgl. Muratori XX, 940.
  2. Scharfe Verurtheilung in den Annales S. Justinae, Mon. Germ. SS. XIX, 166 f.; 170 (dominus igitur sit nobis adiutor, et non timebimus, quid nobis faciant Mars, Jupiter et Saturnus); 175; vgl. Muratori, Script. rer. ital. VII, 83; 90; 149; IX, 660; XV, 329; eine gewisse Hochachtung vor den „Philosophen“ (Astrologen) mit Missbilligung von Ezzelino’s Aberglauben verbunden bei Guil. Ventura von Asti, ebd. XI, 153; 155; 156 f.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_044.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)