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die Zahl der sich bekämpfenden Päpste auf drei erhöht hatte, lag für den gewiegten Kenner der astrologischen Literatur die Versuchung doppelt nahe, über die Zukunft der schwer bedrängten Kirche sich aus der von Gott selbst herrührenden Zeichenschrift des Himmels Raths zu erholen, um so mehr als manche Stimmen bereits andauernde Friedlosigkeit und Zerstörung der Religion verkündigten[1].

Ailli, der freilich jene Ansicht Roger Bacon’s von der siderischen Bedingtheit der christlichen Religion zu widerlegen oder vielmehr einzuschränken sucht, verfasste im Jahre 1414 nicht weniger als fünf Schriften zu Gunsten der Astrologie, wovon eine ganz besonders die „Concordia astronomice veritatis et narrationis hystorice“ erweisen will und eine astrologisch construirte Uebersicht der Geschichte von der Schöpfung bis zum Abfassungsjahr gibt, nicht ohne in vorsichtiger Weise auch die kommenden Jahrhunderte zu berühren. Seinen principiellen Standpunkt bezeichnet das zwischen unbedingter Zustimmung und Verwerfung vermittelnde Urtheil, dass die Constellationen doch nicht allein vorbedeutende Zeichen, sondern auch „in gewissem Sinne“ Ursachen der kommenden Ereignisse seien[2]. Ganz folgerichtig wahrt er daher den Gestirnen ihren Einfluss auf die Entstehung und das Schicksal aller Religionen, soweit dieselben

  1. Petrus de Alliaco, De concordia astron. veritatis et narrationis hystorice cap. 59: „Et nihilominus secundum aliquos astronomos prenosticatum est ex figura celi anni presentis [1414], quod retrogradatio Jovis in primo principio anni in prima domo significat destructionem religionis et pacem in ecclesia adhuc non firmari; sed deus est ille vere sapiens, qui solus dominatur astris“. Elucidarium cap. 10: die Vereinigung von Sonne, Jupiter und Saturn im Scorpion 1365 bezogen „aliqui“ auf das gegenwärtige Schisma, „quia istud signum semper est inimicum religioni“. Dagegen von der Conjunction des Jahres 1405: „hanc quidam reputant facere per terminationem scismatis et unione(m) ecclesie propter coniunctionem duorum superiorum in Aquario, in cuius triplicitate sumus, quia fit per hanc coniunctionem reditus ad signum triplicitatis aeree, licet immediate precedens fuerit in Scorpione, que pretendebat scisma, sed cum tarditate et difficultate propter signum fixum et quia versus occidentem sunt planete. Hec etiam coniunctio significabat odia principum Almanorum“.
  2. Petrus de Alliaco, Tractatus de legibus et sectis cap. 6, wo er Bacon’s Ansicht erwähnt, „quod planete sic non solum sint signa, sed aliquid faciant in excitando. Et in hoc ultimo verbo bene dicit, meo iudicio, quia non videtur mihi bene intelligibile, quod constellationes sint signa innuentia futura, nisi aliquo modo sint eorum causa“.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_058.jpg&oldid=- (Version vom 26.2.2023)