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Zug jenes Zeitraumes herauszuheben, macht einen nicht minder kläglichen Eindruck als die chronologische Verschwommenheit eines Systems, welches doch vorgeblich auf naturwissenschaftlicher Grundlage ruhte. Die „res mirabiles ac miserabiles“ der neuesten Zeit übergeht Ailli, mit Ausnahme verschiedener grosser Conjunctionen des 14. Jahrhunderts, die nach seiner Ansicht zu dem Eintritt des Schismas in Beziehung stehen[1].

Die nächste (achte) grösste Conjunction berechnet er auf das Jahr 1693; nicht ganz hundert Jahre später, im Jahr 1789, vollenden sich dann wieder zehn Revolutionen des Saturn. „Wenn die Welt bis auf jene Zeiten Bestand hat, was Gott allein weiss, so werden dann grosse und wunderbare Veränderungen der Welt und Umgestaltungen eintreten, ganz besonders in Bezug auf die Religion und Secten. Denn mit der besagten Conjunction und jenen Revolutionen des Saturn wird noch eine Revolution oder Umdrehung des oberen Himmelskreises, d. h. der achten Sphäre zusammentreffen, aus welcher, wie aus den anderen angeführten Thatsachen, eine Veränderung der Secten zu erkennen ist.“ Diese Stelle Ailli’s ist in neuester Zeit zuweilen als eine zufällig geglückte Prophezeiung der Französischen Revolution aufgefasst worden, aber schon der Umstand, dass wie immer die Zeitbestimmung nur eine annähernde und überdies das Zusammenwirken dreier zeitlich getrennter Vorgänge, der Jahre 1693, 1764 und 1789 vorausgesetzt ist, schliesst natürlich selbst jene angebliche Uebereinstimmung mit dem geschichtlichen Verlaufe aus. Ausserdem bezieht sich der Ausdruck „leges et sectae“ nach Ailli’s Sprachgebrauch nicht auf staatliche und religiöse, sondern nur auf religiöse Dinge, so dass wir dem gelehrten Cardinal nicht einmal ein zufälliges Errathen künftiger Ereignisse zugestehen dürfen[2].

  1. Vgl. Conc. cap. 54–57; Elucidarium cap. 10. Ebd. cap. 11 wieder eine andere Eintheilung versucht nach einer Reihe von grossen Conjunctionen: Sündfluth – Nebukadnezar – Erscheinung Christi – Muhammed (angekündigt 571) – Reich Karls des Grossen (808) – Bettelorden, Tataren u. a. (1226). Eine Zusamenstellung über den Einfluss der sogenannten Triplicitäten (z. B. der „triplicitas aerea“ als der „significativa prophetarum“, wofür neben den Heiligen Benedict, Hieronymus, Ambrosius, Augustinus auch der Seher Merlin angeführt wird) im „Tractatus de concordia discordantium astronomorum“ cap. 12.
  2. So spricht noch Tschackert p. 330 von dem „guten Griff“, den A. mit dieser Ankündigung einer Umwälzung, „welche der Französischen
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_062.jpg&oldid=- (Version vom 26.2.2023)