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Nachdem mehrere bange Wochen verstrichen, in denen man zu Berlin stündlich die Kunde vom Ausbruch einer Schwedenfreundlichen Revolution in Norwegen und von einem Angriff Gustav’s gegen seinen Dänischen Schwager zu vernehmen befürchtete[1], empfing man (seit Ende November) aus Kopenhagen und Stockholm endlich beruhigendere Nachrichten, welche deutlich erkennen liessen, dass die drohenden Rüstungen des Schwedischen Königs nichts weiter als „Aufwallungen seiner Eitelkeit“ und „eine simple kleine Windbeutelei (fanfaronnade)“ gewesen[2]. Natürlich war Friedrich der Grosse weit davon entfernt, die Gefahren eines Schwedisch-Russischen Conflicts nunmehr als völlig beseitigt anzusehen. Denn er wusste nur zu gut, dass die Schwedisch-Dänische Affaire viel böses Blut in Petersburg erregen und die in den dortigen Hofkreisen gegen Schweden ohnehin herrschende Erbitterung noch beträchtlich steigern würde, während es andererseits nach den Vorgängen der letzten Monate von vornherein als ausgeschlossen gelten musste, dass sein „ebenso unruhiger, wie unbeständiger und unbesonnener“ Neffe sich gutwillig der Errungenschaften des Staatsstreichs, d. h. der Souveränität, wieder entäussern werde. Aber so lebhafte Besorgnisse

    dieser Gefahr abzielenden Vorschläge des Fürsten nach Möglichkeit fördern, „s’il n’y avait rien de directement opposé à Mes engagements avec la Russie“. In der That hatte Kaunitz bereits Anfang November durch Lobkowitz in Petersburg eine Declaration überreichen lassen, in der die Hoffnung ausgesprochen war, dass Katharina gegen Gustav „etwas Nachsicht“ üben werde. Aber die Note war – wohl absichtlich – in so schwebenden Ausdrücken abgefasst, dass sie in den Kreisen der Russischen Regierung auch nicht den allergeringsten Eindruck hervorzurufen vermochte. Dies lieferte dann dem Wiener Hofe den erwünschten Vorwand, den Interventionsplan bis auf weiteres gänzlich fallen zu lassen. – Eine ausführliche Darstellung der Preussisch-Oesterreichischen Verhandlungen im November und December bei Hjelt S. 135–38.

  1. Friedrich an Behnisch, 17., 22. November u. 1. December (Dönhoff hatte einen längeren Urlaub genommen und Mitte November Stockholm verlassen). Am 22. November heisst es z. B.: „La nouvelle que j’attends d’apprendre avec beaucoup d’impatience – – – c’est, si la révolution supposée en Norvège aura eu effectivement lieu – – –. Ces nouvelles sont de la dernière conséquence; le sort et la tranquillité de l’Europe entière en dépendent“.
  2. Friedrich an Finckenstein und Behnisch, 6. u. 7. December. – Sein Schreiben an ersteren vom 7. December schliesst ironisch mit dem classischen Citat: „La montagne en travail enfante une souris“.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_132.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)