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aber weit günstigere Aussichten und er beschloss, noch vor dem von Sigmund ausgeschriebenen Reichstage ohne seine Collegen sich in Wien beim Könige einzufinden. Sein Wunsch nach rascher Versöhnung wird verständlich, wenn man erwägt, dass er doch gewiss im Juni bereits Kenntniss von der ganz unerwarteten Schwangerschaft der Königin von Polen hatte, die am 31. October auch wirklich einen Thronerben gebar. Er musste daher im Juli 1424 mit der Möglichkeit rechnen, dass seinem Sohne die Polnische Krone, für die er die Gnade des Römischen Königs verscherzt hatte, doch noch entgehen könne. Die Vorsicht gebot ihm, diese Gnade sich wieder zu gewinnen, wollte er nicht Gefahr laufen, mit seiner kühnen Politik nur doppelten Misserfolg zu ernten.

In ähnlicher Lage befand sich der neue Kurfürst von Sachsen, er hatte ebenfalls seinen Nutzen aus dem Binger Bündniss gezogen und brauchte jetzt, um die Belehnung mit der Kur zu erlangen, die Geneigtheit Sigmund’s. Für beide war daher der Binger Kurverein in seiner schroffen Form jetzt höchst unbequem, um so mehr als der Verdacht des Königs bereits durch Nachrichten über geheime Umtriebe der Kurfürsten geweckt war[1].

Diesen Verdacht Sigmund’s galt es jetzt einzuschläfern. Wir dürfen daher wohl annehmen, dass, als die Kurfürsten am 7. Juli zu Mainz zusammenkamen, um über die weitere Haltung gegen den König und über den Besuch des von ihm gewünschten Reichstages zu Wien schlüssig zu werden, besonders Brandenburg und Sachsen für eine wenigstens der Form nach mildere Fassung der zu Bingen besiegelten Artikel eintraten.

Man unterzog die Bundesurkunde einer Revision, die, ohne die Tendenz zu ändern, durch Einfügung der die königlichen Rechte wahrenden Phrasen die Möglichkeit bot, sich auf sie als ein unverfängliches, ja loyales Actenstück berufen zu können[2]. So entstand B[3]. Die Rückdatirung ist in der Natur der Sache begründet, da man ja die neue Fassung für das Resultat des Binger Tages ausgeben wollte.

  1. Vgl. oben S. 213 die Stelle aus der Instruction vom c. 19. Juli 1424.
  2. Vgl. oben S. 213 die zweimalige Bezugnahme.
  3. Die Meldung Nürnbergs an den König, dass „die kurfürsten alle sechs on beiwesen irer rede in grosser geheim bei einander gesessen sein“, spricht auch dafür. RTA VIII, Nr. 308.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_218.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)