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In den Berathungen musste die veränderte Haltung des Markgrafen und des Herzogs das Misstrauen ihrer Rheinischen Collegen wachrufen. Die gefährlichste Klippe für alle derartigen Verbindungen waren Separatverhandlungen einzelner Mitglieder mit dem Reichsoberhaupte. Die Herren kannten einander gut genug, um zu wissen, dass die Bundestreue bei keinem von ihnen vortheilhaften Anerbietungen des Königs Stand halten würde. Daher werden in die Bundesbriefe stets Bestimmungen aufgenommen, die das Suchen jedes Sondervortheils beim Könige ausdrücklich untersagen.

Das ist auch jetzt der Fall, aber man ging noch einen Schritt weiter. Während es früher stets hiess, nur die Gesammtheit solle auf königliche Forderungen und Anerbietungen Antwort ertheilen dürfen, wird jetzt gleich die Möglichkeit abgeschnitten, dass der zum Abfall Neigende durch Ausbleiben einen gemeinsamen Beschluss vereitele. In diesen Fällen, wie in allen Fragen der Reichspolitik wird an die Stelle des einhellig gefassten Beschlusses die Majoritätsentscheidung gesetzt, die für alle Mitglieder bindend sein soll. Wie es scheint, wurde dieser Artikel gleich dazu benutzt, um den Markgrafen zu verhindern, zum Schaden des Bundes einseitig seinen Frieden mit Sigmund zu machen. Die Kurfürsten hielten ihn davon ab, allein nach Wien zum König zu reiten und es wurde bestimmt, dass er gemeinsam mit ihnen dort zum Reichstag erscheinen solle[1]. Friedrich musste sich dem Willen der Mehrheit fügen, da er den Bund, so lange sein Verhältniss zu Sigmund sich nicht fest gestaltet hatte, nicht entbehren konnte.

Da man einmal die Binger Urkunde durch eine neue ersetzte, ging man zugleich daran, dem Bunde eine festere Organisation zu geben, vielleicht wirkte hierbei auch das Bestreben mit, dem Abfall Brandenburgs und Sachsens vorzubauen. Auffallend ist es, wie der Erzbischof von Mainz dabei in den Vordergrund tritt. Nicht nur steht ihm das Recht der Berufung der Tage in allen Reichssachen zu, sondern auch in seiner Diöcese zu Frankfurt oder in seiner Stadt Aschaffenburg sollen sie abgehalten werden. Wir finden den schlauen Mainzer schon einige Tage vor dem Zusammentreffen der Bundesglieder mit dem Markgrafen und

  1. RTA VIII, Nr. 303, Art. 12.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_219.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)