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Doch auch der nächst dem Hochmeister mächtigste Gebietiger, der Deutschmeister, befindet sich in einer traurigen Lage. Sein Territorium, erklärt er 1421, sei so bestellt, „das es vor armut und grosser schulden wegn“ statt 30 nur 6 oder 8 Pferde für einen Zug nach Preussen stellen könne, baar Geld dagegen aufzubringen, sehe er sich nicht in der Lage[1].

Dass diese völlig ablehnenden Antworten wenigstens zum Theil begründet waren, zeigen Briefe, die uns einen Einblick in die inneren Verhältnisse der ausserhalb Preussens gelegenen Ordensbesitzungen gewähren. Bereits 1414 meldete der Landkomtur von Oestreich die Geldverlegenheit des Komturs zu Wien[2]. 1416 betrug die Schuld 10,000 Pfund[3]. 1418, wo sich dieselbe auf 11 392 Pfund erhöhte[4], wiederholten sich diese Klagen in verschärftem Masse. Der Landkomtur von Oesterreich wieder, die Komture von Wien und von Neustadt, ebenso wie der Convent von Wien berichteten dem Hochmeister, dass des Hauses Nothdurft nur noch durch Anleihen bei Juden und Christen zu befriedigen gewesen sei und dass man schon zur Verpfändung von Landgütern seine Zuflucht habe nehmen müssen[5]. Im Jahre 1420 war die Lage bereits so, dass die Bürger von Wien mit der Absicht umgingen, das Haus selbst – seine sämmtlichen Güter waren für 22 000 Gulden verpfändet[6] – mit Beschlag zu belegen[7]. Jetzt griff der Hochmeister ein. Freilich baar Geld hatte er selbst nicht; doch wandte er sich an die Gebietiger zu Deutschland und appellirte dann an ihr Ehrgefühl, indem er sie ersuchte, nicht zuzulassen, „das is [d. h. das Haus Wien] czu fremder hand kome und uns allen zu smoheit von unserem orden czu ewigen czeithen“ entrissen werde[8]. Doch dieser Schmerzensschrei erklang vergeblich. Der Deutschmeister bedauerte, nicht helfen zu können[9]. Es blieb nur noch ein Weg übrig. Der

    101 Nr. 57; Schbl. 105 Nr. 191.

  1. Schbl. XXII Nr. 23; Schbl. XXI Nr. 9; H. M. Reg. 1419–22 S. 314.
  2. Schbl. 105 Nr. 144.
  3. Voigt, Balleien I, 607.
  4. Ebenda.
  5. Schbl. 105 Nr. 212/a.
  6. Voigt, Balleien S. 608.
  7. Schbl. 105 Nr. 212.
  8. H. M. Reg. 1419–22 S. 210.
  9. Schbl. XXII Nr. 24.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_266.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2023)