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betrifft, so war, ebenfalls im Gegensatze zu den früheren Vorschlägen, die Möglichkeit gewahrt, denselben durchzuführen. Die Spanischen Niederlande blieben daher mit Ausnahme der durch die Holländische Barrière auferlegten Beschränkungen ungeschmälert in der Hand des Kaisers – für die Zukunftspläne desselben mehr noch als für die Gegenwart ein wichtiger Besitz.

Einzig und allein die Abtretung Landaus mit Gebiet erscheint als Preis des Friedens. Es kann nicht geleugnet werden, dass dies für das Reich ein grosser Nachtheil war, da dadurch die Französische Interessensphäre, mit ihrer Tendenz das ganze linke Rheinufer zu beherrschen, eine gefährliche Verstärkung erhielt. Der Kaiser mochte dabei wohl die Fiction aufrecht erhalten, dass dieser Verlust wett gemacht werde durch die Vortheile, welche das Reich in Italien gewonnen habe, besonders durch die Behauptung Mantuas, das ja der Kaiser als erledigtes Reichslehen eingezogen hatte. In Wirklichkeit finden wir aber im Rastatter Frieden eine entschiedene Benachtheiligung des Reichsinteresses zu Gunsten des Habsburgischen Hausinteresses. Das Reich selbst durch den Verlust von Landau, der Kurfürst von der Pfalz durch den Verlust der Oberpfalz wurden geschädigt; die Hausmacht des Kaisers durch die Machtstellung desselben in Italien, durch den Anfall von Sardinien und der ungeschmälerten Niederlande, abgesehen selbst von der Nichtanerkennung des Anjou, ausserordentlich gekräftigt.

Der Kaiser würde zwar bona fide den Vorwurf weit von sich gewiesen haben, dass er seine Pflichten als Hüter und Mehrer des Reichs zu Gunsten seiner Hausmacht verletzt habe; denn reges Pflichtbewusstsein kann auch der strengste Kritiker dem Kaiser Karl VI. nicht absprechen. Seinem Gefühle nach war wohl die Vereinigung der beiden Functionen als erblicher und gewählter Souverain unzertrennlich gekittet und das, was dem ganzen Machtcomplex Vortheil brachte, nicht aufzulösen in Bezug auf Erbländer und Reichsland. Allein die Logik der Thatsachen lässt nicht an dem Satze rütteln, dass Karl VI. im Frieden von Rastatt auf Kosten des Reichs seine Hausmacht gestärkt habe.

Wie sehr Ludwig XIV. die alte Politik stets consequent fortgesetzt hat, den Zusammenhang zwischen Kaiser und Reichsfürsten zu lockern und unter letzteren Unfrieden gegen ihr gewähltes Oberhaupt zu fördern, zeigt sich hierbei ja wieder darin, dass er

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_309.jpg&oldid=- (Version vom 10.3.2023)