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biograph. oder polit. Geschichtsauffassung erster Historiker, gehört nicht hierher. Unter den (nirgends chronologisch geordneten, auch trotz Index nicht leicht auffindbaren) Stücken über das MA aber sehe man ab von dem über Deutschland oder früh-germanische Zustände Gesagten: Hanse-Literatur seit 50 Jahren und Dt. Rechtsgeschichte kannte Verf. nicht, so ehrlich er sich von enger Insularität und nationalem Vorurtheil frei kämpfte; er bietet also hierfür nichts Neues, das nicht leicht widerlegbar wäre, wohl aber eine Reihe von Grundirrthümern, die nur verständlich werden durch die Thatsache, dass er gewohnt war, in Urquellen mit bestimmten Daten als Erster zu forschen, und die Literatur über die Wirthschaft des 13.–15. Jh. ungenügend fand; vermuthlich daraus schöpfte er eine hochmüthige, oft ungerechte Verachtung für die Darstellung von Perioden, die niemals werden mit Zahlen rechnen können. – Dagegen für England während der sieben Menschenalter nach 1250 bietet er reiche Ausbeute. Nur der vierzehnte Engländer wohnte um 1375 in Städten; London hatte etwa 40 000 Ew., deren Zahl nur durch Einwanderung, nicht in sich selbst, wuchs, weil durch Unreinlichkeit Todesfälle die Geburten überwogen; im 15. Jh. hob sich sein Wohlstand bedeutend. York hatte 11 000, Bristol 9 500, Coventry 7000, Norwich 6000, Lincoln 5000, die anderen Städte weniger Einwohner. [Verf. leugnet mit Unrecht, dass der Herr der abhängigen Stadt ursprünglich willkürlich Taille auferlegte.] Auch die Bürger besassen und bewirthschafteten Land. Die Grösse der Kirchen beweise nicht [?] höhere Bevölkerungsziffer, denn sie dienten auch zur weltlichen Kirchspielversammlung und [?] zum Producten-, namentlich Woll-Lager. Allerdings waren aber [nur?] Cromer und Aylsham bis 1349 dichter bevölkert als jetzt. Das Gewerbe war, ausser in Norfolk, noch ganz unentwickelt. Dass der Flandrische Weber dort sich ansiedelte, lag wohl [nur?] an der geograph. Nähe Ost-Englands, denn klimatisch ist diese trockenste Grafschaft der Weberei ungünstig; im 15. Jh. drang die Tuchmacherei nach Wilts und Dorset. Nur langsam lernte der von Natur keineswegs erfindungsreiche Engländer von den Fremden, obwohl ihn doch der Friede in den unteren Schichten und die ausgedehnte Schafzucht zur Industrie hätten anregen müssen. Aber er hatte keinen Markt, keinen Aussenhandel, keine Städtegrösse; jedes Dorf lebte isolirt. Nur Hauptstrassen gab es, und sie waren (da der Besitz grosser Grundeigner zerstreut lag) im 14. Jh. besser gehalten als im 18. An der Wollindustrie hing aber der Wohlstand; daher stehen (ausser London) Norfolk und das weidenreiche Oxfordshire obenan, Lancashire und Cumberland zu unterst, wenn man die Grafschaften ordnet nach dem Steuerertrage gleich grosser Bodenfläche: letztere Gegend im Nordwest brachte ein Drittel vom Ertrag der ersteren. Die Exportsteuer auf Wolle ward nur dadurch vom Auslande getragen, weil England Wolle fast allein producirte; ein anderer Ausfuhrzoll, der auf Leder, misslang, weil der fremde Händler das auch anderswoher kaufen konnte. Auch Eisen und Salz verstand sich der Engländer nicht selbst aus seinem reichen Boden zu bereiten; „kein Ziegelstein ward vom 5. bis 15. Jh. in England hergestellt“, und Papier erst im 16. Jh. gemacht; 1454 wurden Londoner Seidenfabrikantinnen gegen Oberitaliens Handelseifersucht geschützt. Der Staat musste, bis zur Einführung

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 390. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_403.jpg&oldid=- (Version vom 11.3.2023)