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lebendig sei[1], so zwar, dass man, einige Ausnahmen abgerechnet, neben neuen Provinzialständen eine selbständige, einflussreiche Repräsentation für das Ganze des Staates ersehne.




Bei dem Verhöre, das Klewiz und Beyme anstellten, gingen die Antworten viel weiter auseinander. Zwar war es unverkennbar, wie sehr die Städteordnung den Gemeingeist geweckt hatte. Dieser und Jener sprach es aus, wie sie „zur Bildungsanstalt“ geworden sei, so lasse sich ein Gleiches auch von „Volksrepräsentation“ für das Staatsganze wie für die einzelnen Theile erwarten. Aber nicht überall war man so optimistisch. In Westpreussen musste Beyme hören, „der grössere Theil des Bauern- und ordinären Bürgerstandes habe keinen klaren Begriff des ganzen Gegenstandes“[2]. Häufig liess sich auch das Wort vernehmen: „die Nation sei schwerlich reif“. Ein Mann, wie der Breslauer Professor und Consistorialrath Wachler gebraucht diesen Ausdruck. Da „so viel aufzuheben und neu zu schaffen sei“, dürfe man sich nicht mit einer Landesrepräsentation beladen, sondern müsse bei berathenden Provinzialständen, in zwei Kammern getheilt (im Oberhaus vormals landstandsfähiger Adel und höhere Geistlichkeit, im Unterhaus Bürger, Bauer, Kirche und Schule) stehen bleiben. Sein College Reiche wollte wenigstens die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Nation „reif werden würde“, aber rieth auch zunächst, „von den Einzelheiten anzufangen“. Der Fürst von Anhalt-Pless meinte, jedenfalls müsse man sich „für die ersten zwanzig Jahre“ auf Provinzialstände beschränken. Der Landrath Mormann zu Cottbus gab zu, dass „die Stimmen über die Constitution getheilt seien“, hielt aber seinerseits eine allgemeine Landesrepräsentation für unnütz und „vielleicht gefährlich“. Nicht anders urtheilten der Landesälteste Graf von Frankenberg und der Staatsminister von Angern auf Sülldorf. Einer der höchsten Beamten, Heydebreck, der Oberpräsident von

  1. Altenstein: Einige Bemerkungen über die Organisation der höchsten Verwaltungsstellen des Preussischen Staates mit Begleitschreiben an Hardenberg 8. März 1816. Geh. St.Arch. Berlin. Theilweise abgedruckt Deutsche Revue 1882, II, 294–296.
  2. Ueber Beyme’s Auftreten in West- und Ostpreussen s. einige mit Vorsicht aufzunehmende Notizen: Aus den Papieren Theodor’s v. Schön in Band III, 55; 56. VI, 401; 405–407.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_072.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2023)