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Verfassung, ohne Liebe zu derselben ist nur eine todte Masse, ist ohne Geist und Kraft und Leben.

Provinzialverfassungen können also nicht genügen, eine Reichsverfassung ist es, welche das Reich bedarf. Wir wollen hierdurch nicht sagen, dass nicht die einzelnen Provinzen ganz specielle Gesetze nach ihrer Verfassung bedürfen könnten. Aber auch für diese steht durch Ausschüsse aus den grösseren Versammlungen zu sorgen.

Wir haben vielleicht schon zu lange gesprochen, zu kurz jedoch, um unsere wärmste Anhänglichkeit an unseren König ganz auszudrücken.

Die wir mit tiefster Unterwerfung ersterben

 Euer Majestät
 unterthänig Treu gehorsamste
 Dominial-Besitzer im Breslauer Kreise.“


Beredter als es hier, aus der Mitte des Volkes, geschah, liess sich der oft gehörte Einwand kaum widerlegen, eine reichsständische Verfassung werde die centrifugalen Kräfte des Preussischen Staates verstärken. Im Gegentheil: sie erschien den Unterzeichnern der Adresse als das festeste Band, das alte und neue Provinzen umschliessen könne.

Es gab noch einen anderen, höheren Gesichtspunkt, unter dem sich die ganze Verfassungs-Angelegenheit betrachten liess. Man mochte fragen: Was gewann oder was verlor Preussen in Deutschland, wenn es sich entschloss anderen zuvorzukommen? Was verlor es, wenn es den ehemaligen Rheinbundstaaten den Ruhm überliess, zuerst auf Deutschem Boden das constitutionelle Leben zu entwickeln, wenn es sich nicht von der lähmenden Einwirkung der Oesterreichischen Lehren befreite? Erst kürzlich hatte der geistreiche Konrad Engelbert Oelsner, bei der Empfehlung einer „volksthümlichen Verfassung für Preussen“ das Wort gesprochen: „In dem grossmüthigen Geiste, der das Berliner Cabinet beseelt, athmet sicherlich auch der freisinnige Gedanke, Preussen nicht bloss für sich zu ordnen, sondern auch als Musterstaat für Deutschland aufzustellen“[1]. So antwortete der Schlesische

  1. Das Preussische Cabinet. Von einem Einsiedler. 1816 mit dem angeblichen Druckort Aachen. Abdruck in Oelsner-Monmerqué: Denkwürdigkeiten aus Oelsner’s Schriften. Bremen 1848. Die Angabe 1819 daselbst S. 67 ist irrig. Siehe Allgemeine Zeitung 1816 Nr. 270 und Oelsner’s Briefe an Varnhagen 1. Oct. 1816.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_089.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2023)