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Mit Nationen kann man nicht berathen; hierzu hat der Souverain seinen Staatsrath. Eine Nationalrepräsentation kann nur kategorisch über Entwürfe zu neuen Gesetzen oder über die in Vorschlag gebrachte Abschaffung schon bestehender absprechen.

In dieser Ueberzeugung bin ich auch unendlich weit von der Forderung entfernt, dass die Nation bei der Organisation des neuen Staatsgebäudes zugezogen werden soll. Es geschieht alles, was heilbringend ist, wenn hierüber die von der Regierung selbst aufzusuchenden Weisen im Volke gehört werden. Von der Mitwirkung so vieler in ihrer Abstammung und ihrem Interesse heterogener Provinzen, die jetzt unseren Staat bilden, ist noch vorerst keine das Ganze umfassende Ansicht, mithin keine Einheit in den Beschlüssen zu erwarten. Das Gebäude, welches die väterliche Huld des Königs und die Weisheit seiner Räthe der Nation geben wird, ist ihr bloss gegen jede spätere Willkür zu sichern.

Ich stimme für eine Verfassung unseres Staates, welche auf folgende Grundlinien gebaut ist:

Ein zum Theil aus erblichen, zum Theil von dem Könige auf Lebenszeit ernannten Mitgliedern bestehender Senat, welcher über die Aufrechthaltung der Constitution wacht.

Eine Repräsentation der Nation, die bei den Vorschlägen zu neuen, oder zur Abschaffung von bestehenden, die Person und das Eigenthum betreffenden Gesetzen eine entscheidende Stimme hat.

Provinzialstände, welche die Repräsentanten der Nation wählen, ohne sie mit einer Instruction versehen zu dürfen, denen aber die Befugniss zusteht, über das Wohl ihrer Provinz und über die Verwaltung derselben zu berathen und die diesfälligen Resultate dem Staatsrathe vorzulegen.

Freiheit der Presse, unter der gesetzlichen Verantwortlichkeit des Schriftstellers und des Verlegers.

Die Minister werden auf die Lorbeeren nicht Verzicht leisten wollen, die ihrer warten, wenn sie ihre Mitbürger bei der Eröffnung jeder Versammlung der Repräsentanten von ihrer Verwaltung unterrichten.

Seine Majestät werden eine ähnliche Vergünstigung ohne Zweifel auch dem Oberpräsidenten bei den Versammlungen der Provinzialstände zugestehen.

Ich schreibe diese Forderungen nicht ohne Kummer bei der Möglichkeit nieder, dass ihre Nichtbeachtung uns in den hochbetrübten Fall bringen könnte, in wenigen Jahren ein Werk wieder von neuem anfangen zu müssen, das nach seiner Natur für Jahrhunderte errichtet werden muss.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_094.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2023)