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Wir besorgen von den Polen? Ihr Hang zu einer Veränderung ihrer gegenwärtigen Lage liegt mehr in ihrer Phantasie als in ihrer räsonnirenden Vernunft. Die in tiefer Unmündigkeit erhaltene, sich erleichtert fühlende Masse kann ihn nicht theilen. Hier ist einiges von der versöhnenden Zeit zu erwarten, wenn nicht ein benachbartes Feuer hieher zündende Funken wirft, oder ein an den Grenzen des Landes erscheinender Eroberer die Scenen von 1806 erneuert. Unsere Besorgnisse liegen uns näher, sind wichtiger.

Es ist nicht mehr zu verwundern, dass der gute unglückliche Ludwig im Jahre 1789 nicht wusste was er zu thun hatte, da wir in dem Jahre 1817 ausgerüstet mit den gewichtigen Erfahrungen der dazwischen befindlichen Jahre noch unschlüssig scheinen, wie wir den Resultaten der letzteren zu begegnen haben.

Es liegen grosse Ereignisse im Schoosse der Zukunft. Sie wird sie an Preussen anknüpfen. Wir haben keinen Nebenbuhler, wenn wir die Rolle begreifen, die uns zugefallen ist. – So reichen die Pflichten unserer Staatsmänner über ihr eigenes Vaterland hinaus.“


Zerboni di Sposetti hat diesem Gutachten zehn Monate später noch ein weiteres Schreiben an Klewiz (Posen, 22. September 1818) folgen lassen. Nun aber, da bereits Baiern und Baden Verfassungen erhalten hatten, war er schon sehr entmuthigt. „Der Moment“, schrieb er, „in welchem die Augen eines ganzen Welttheils neugierig auf uns gerichtet waren, wo Deutschland von dem, was aus uns hervorgehen würde, der Norm für die Verfassungen seiner einzelnen Staaten entgegensah, ist vorübergegangen. Kleine Deutsche, von uns an Bildung nicht ebenbürtig gehaltene Regierungen sind uns zuvorgekommen. Wir haben immer wieder erneute – – Zusagen unerfüllt gelassen. Man erwartet nichts mehr von uns. Freiwillig haben wir ein Reich aufgegeben, das bei der geographisch-politisch so unvortheilhaften Lage unserer verhältnissmässig kleinen Monarchie uns hätte aushelfen können – –. Nach den mir mitgetheilten Tabellen hat die überwiegende Mehrheit der ins Vertrauen gezogenen Personen die Nothwendigkeit einer Verfassung anerkannt, nur über die Form und besonders in Rücksicht der Wirksamkeit der Volksrepräsentation sind die Meinungen sehr verschieden. Einige Gutmüthige – – haben mehr zur Ehre ihres Herzens als ihres Kopfes sich darauf berufen, dass ein guter Regent besser als alle Verfassungen sei, und dass es nur auf eine gute regierende

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_095.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2023)